Vorwort:
Die Lust auf die Anstrengung.

Wieso wandern? Warum anstrengen und Rucksäcke über einen Berg tragen? Warum tun wir uns das eigentlich an?

Wer so fragt, der hat sicher noch niemals eine solche Tour gemacht. Aber auch wir denken immer wieder aufs Neue darüber nach, was uns eigentlich zu solchen Touren bewegt. Dieses Hinterfragen ergibt sich irgendwie von selbst, wenn man sich mit Bekannten oder Kollegen über den jeweiligen Jahresurlaub austauscht.

Da sind unsere Unternehmnungen meist exotisch und sehr anstrengend. Sind wir nun deshalb Exoten? Vielleicht. Aber die eigentliche Frage ist, was treibt uns zu solchen Anstrengungen? Schaden wir uns damit möglicherweise sogar? Sollten wir nicht doch lieber drei Wochen am Strand liegen?

Ja, unsere Art Urlaub ist körperlich anstrengend. Und trotzdem, wer wie wir drei Wochen zu Fuss unterwegs war, der wird meist zum Wiederholungstäter. Wie äußert sich das? Schon um Weihnachten herum werden wir unruhig, es beginnt die Planung, was machen wir dieses Jahr im Sommer? Das größte Problem dabei ist die Vielzahl der Möglichkeiten. Man kann durch die Alpen wandern oder durch ein anderes Gebirge. Man kann in Norwegen, Schweden oder Finnland Paddeltouren machen. Man kann auf dem Jacobsweg wandern, wenigstens ein Stück. Oder, oder, oder...

Und wir haben bei solcherlei Planungen schon über vieles diskutiert, wann, wohin, wie... Nur "ob" - das war bisher noch nie ein Diskussionspunkt. Es ist uns einfach ein Bedürfnis, die Kraxe oder das Boot zu packen und aufzubrechen. Wir kommen mit so wenig Hilfsmitteln wie möglich aus. Wir planen alles nur grob. Auf der Tour starten wir früh oft, ohne zu wissen, wo wir abends schlafen werden. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Das ist das Abenteuer.

Ab und zu haben wir auch schon die Meinung gehört, ist ja immer wieder das selbe - die Berge, der Wald, hinauf steigen, herunter wandern... Bei einer Nachfrage stellt man meist fest, wer so argumentiert, ist selten draußen in die Natur. Die Vorstellung ersetzt dann die Erfahrung.

Wie ist das denn nun wirklich? Wir kommen langsam voran, zu Fuss, schrittweise - aber mit Zeit zum intensiven Schauen, Aufnehmen - zum Genießen. Man sieht Einzelheiten, die man sonst nicht wahr nimmt. Und nicht nur dass. Die langsame Bewegung überfordert uns nicht, das Gehirn läuft sozusagen auf "Sparflamme". Es kann sich also mit Sachen beschäftigen, die es noch nicht verarbeitet hat. Oder es bastelt an Ideen, für die es sonst keine Zeit hat. So kann man geistig und mental ausspannen. Langweilig oder eintönig ist das nicht.

Aber die körperlichen Belastungen? Es kann doch keine Erholung sein, wenn man mit einer schweren Kraxe jeden Tag so viele Kilometer bergauf und bergab wandert. Da ist Ausruhen am Strand sicher besser...

Unsere Erfahrungen sagen, das ist ein Irrtum. Warum? Schauen wir uns doch unseren Alltag an. Wir befinden uns im Zeitalter des "Schone Dich"! Unter diesem Slogan wird uns allerhand verkauft, was uns das Leben "leichter" machen soll. Wir sitzen den ganzen Tag am Rechner, fahren mit dem Aufzug oder dem Auto. Mobil ja, aber nicht auf den eigenen Füßen. Wenn wir die Autobahn entlangjagen, dann wird dem Körper eine Scheinmobilität und -aktivität vorgetäuscht. In Wirklichkeit befinden wir uns körperlich in Ruhe, nur geistig sind wir angespannt. Weil schnelles Autofahren unsere Sinne extrem fordert und unser Gehirn Schwerstarbeit leisten muss. Und auf vielen Arbeitsplätzen ist es ähnlich...

Das heißt, moderne Menschen haben zu wenig Bewegung. Unter dem Deckmantel des "leichteren" Lebens gewöhnen wir uns an "Erleichterungen", die uns am Ende schaden. Natürlich sind auch wir der Meinung, das man die Menschen von körperlich anstrengenden, monotonen und belastenden Arbeiten befreien soll. Dies gilt besonders im Arbeitsprozess. Dieses berechtigte "Schone Dich!" meinen wir nicht, denn es dient der Gesundheit. Wir haben aber dieses auf Arbeit notwendige Motto nun an vielen Stellen in den privaten Bereich und die Freizeit übernommen. Der Urlaub am Strand, das Nichtstun, die Passivität - das wird fälschlicherweise oft als die höchste Form von Erholung verstanden.

Wieso fälschlicherweise? Wir Menschen sind Teil unserer Umwelt und wir sind durch die Evolution auf sie optimiert. Wir haben uns über einen langen Zeitraum optimiert für bestimmte Lebensbedingungen. Wir sind angepasst an den Wechsel von Belastung und Ruhe. Aber was ist passiert?

In den letzten fünfzig Jahren haben sich diese Lebensbedingungen in Europa dramatisch geändert. Für die Mehrzahl der Menschen sind die körperlichen Belastungen fast völlig weggefallen. Man denke beispielsweise nur die Arbeitsbedingungen, die ein Bergmann, ein Bauer oder ein Schmied hatte... Selbst ein wohlhabender Dichter war hohen Belastungen ausgesetzt, wer das nicht glaubt, der lese Goethes Reisebeschreibungen :-) Dagegen ist die Mobilität heute so einfach und belastungsarm wie niemals vorher realisierbar.

Dafür sind andere Belastungen entstanden. Wir haben keine Zeit mehr, wir stehen ständig unter Druck - unter Stress. Wir sind ständiger Reizüberflutung ausgesetzt, die uns abstumpft. Die Fähigkeit, etwas zu geniessen, wurde durch die Suche nach "Fun" abgelöst. Unser Leben beschleunigt und verkompliziert sich ständig. Die psychischen Belastungen nehmen immer mehr zu, quasi in dem Maße, wie die körperlichen Belastungen abnehmen.

All das hat dramatische Folgen. Die Evolution braucht Zeit. Sie kann uns nicht innerhalb von zwei Generationen an die sich so dramatisch ändernde Umwelt anpassen. Wir sind kurz gesagt Belastungen ausgesetzt, für die wir (noch) nicht optimiert sind. Wenn man die Entwicklung der Medizin verfolgt, dann wird der "körperlichen Bewegung" zunehmend ein wachsender Stellenwert zugeordnet. Ausreichend Bewegung wird als immer wichtigerer Bestandteil unseres Lebens angesehen. Bewegung wird mittlerweile sogar "verordnet", ob nun zur Vorbeugung vor allen möglichen Krankheiten oder auch zur Heilung. Man weiß heute, das Missverhältnis von körperlicher Unterforderung und psychischer Überforderung kann uns krank machen...

Sicher schwitzen wir, wenn wir mit zwanzig (Evi) oder dreißig Kilogramm (Willi) auf dem Rücken einen Anstieg von neunhundert Metern hinter uns bringen. Aber gerade dabei kann der Körper mal richtig funktionieren. Abends ist mann und frau müde, erschöpft. Doch parallel zur körperlichen Erschöpfung kann der Geist ausspannen, wir bewegen uns in der Geschwindigkeit, für die wir von der Evolution optimiert wurden. Man kann schauen, genießen, entspannen, nachdenken, mental ausruhen - wärend man den Berg schwitzend hinauf oder hinab steigt.

Eine solche dreiwöchige Tour ist also eine spiegelbildliche Ergänzung zu unserem "normalen" Leben. Doch das ist ja nicht alles. Natürlich kann man nicht das ganze Jahr im Büro sitzen, mit dem Auto umherfahren, sich wenig bewegen und dann mit einem solchen Gewicht, ohne körperlichem Training und ohne Wissen und Erfahrung in die Berge starten. Davor kann und muss man nur warnen, denn so wird es sicher gefährlich für die Gesundheit. Man bekommt ja so eine wunderschöne Tour nicht umsonst. Man muss etwas tun für die Fitness. Wir trainieren das ganze Jahr über regelmäßig, wir laufen, schwimmen, tanzen, klettern, fahren mit dem Fahrrad - und all das bewusst im Hinblick auf unsere Kondition im Jahresurlaub. Die jährliche Tour ist das Ziel und damit der Antrieb, sich nach der Arbeit die Laufschuhe anzuziehen und noch ein Stündchen laufen zu gehen - wir wollen fit sein...

Und an dieser Stelle eine Bitte - nicht blauäugig loswandern, nach dem Motto - es wird schon irgendwie gehen! Unsere Touren sind eigentlich nicht gefährlich. Aber die Alpen bleiben die Alpen, sie sind ein richtiges Gebirge. Hier gelten Spielregeln, die der normale "Stadtmensch" nicht mehr kennt. Und das kann extrem gefährlich werden. Es ist wichtig, zu wissen, was man tut. Man sollte sich als Neuling dem Gebirge vorsichtig und schrittweise nähern, die Erfahrung von anderen nutzen - sonst wird es keine geistige Erholung, sondern das Gegenteil, der blanke Stress. Wer sich zum Beispiel einmal im Hochgebirge im Nebel verirrt hat oder von einem Gewitter überrascht wurde, der weiß, was ich meine.

Was also zieht uns immer wieder hinaus? Das Abenteuer, mal die Seele baumeln lassen, mal wieder körperlich so richtig was "leisten"... Viele Menschen haben den Zauber einer solchen Tour noch nicht erlebt. Aber vielleicht macht dieser Bericht ja Lust, es selber auch einmal zu versuchen.

Nun noch eine Anmerkung in eigener Sache. Der Bericht enthält über 3600 Bilder, davon sind 140 aufwendige Panorama-Bilder. Die Texte nehmen etwa 100 DINA4 - Seiten ein - und da sind die ganzen Bildunterschriften noch nicht einmal dabei. Das verdeutlicht den Umfang und die viele Arbeit. Wir haben anderthalb Jahre jede verfügbare Freizeit in diesen Bericht gesteckt. Unser Ziel ist, zu unterhalten, unser Wissen und unsere Erfahrungen weiter zu geben. Der Bericht steht ohne jede Einschränkungen hier am Netz. Auf Anfrage versenden wir auch eine DVD, allerdings kostet jede DVD 25 Euro plus Versandkosten. Dafür kann der Bericht von dieser DVD auch ohne Internetanschluss gelesen werden. Fragen Sie uns einfach per Mail.

Und sollte Ihnen unsere Arbeit gefallen haben, dann schreiben Sie dies in unser Gästebuch. Natürlich freuen wir uns auch über eine freiwillige Spende!

Wir wünschen angenehme Stunden mit diesem Reisebericht!

Evi und Willi Schulze

Kontoinhaber Wilfried Schulze
Kontonummer 1802154392
Bankleitzahl 860 555 92 (Sparkasse Leipzig)

 

Inhalt
Vorwort:
Die Lust auf die Anstrengung.
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