Mein Bruder und seine Frau besuchen uns!
3. Urlaubstag - Sonntag 11.04.2004

Wir werden halb neun munter. Beim morgendlichen Besuch der Hygieneeinrichtungen gibt es unerwartete Schwierigkeiten - in den Männertoiletten läuft das Wasser nicht mehr ab, ein Rohr ist verstopft. Der Herr vom Campingplatz schließt gerade die Toiletten ab, dies ist bei voll belegtem Campingplatz normalerweise der Supergau. Hier aber gibt es glücklicherweise noch eine zweite, kleinere Toilettenanlage. Damit ist dann auch mein dringendes Problem gelöst. Aber auch Hut ab vor den Zeltplatzbetreibern. Sie legen selbst Hand an, jedenfalls haben wir keine Firma gesehen und schon eine Stunde später ist ohne große Aufregung alles wieder in Ordnung.

Wir haben in der Zeit gefrühstückt. Dann will Evi erst einmal unseren Wohnwagen auf Hochglanz bringen, immerhin erwarten wir heute Gäste. Er hat den ganzen Winter in einer Halle im Quartier gestanden. Aber die Edelstahlspüle muss mal wieder geputzt werden, der Herd… und überhaupt. Es ist (glücklicherweise) zu eng für zwei. Ich sitze eine Weile am Tisch, mache auch ein Kreuzworträtsel. Doch dann werde ich müde, ich merke den Stress der letzten Wochen.

Evi meint, damit ich nicht so störe, könnte ich mich ja in den Schlafsack begeben, ein wenig wehre ich mich gegen diesen Gedanken, aber dann…

Als Evi mich um zwölf weckt, bin ich nicht mehr so müde. Wir wollen nun paddeln gehen. Also packen wir alles ein und tragen das Boot zum Wasser. Da wir gestern schon unterwegs waren, liegt alles griffbereit an seinem Platz und schon halb eins stechen wir in die S(pr)ee. Ich witzle noch: "Aus dem Schlafsack auf die Galeerenbank!", da sind wir schon an der Schleuse am Lübenauer Hafen.

3. Tag, Bild 1
Blick auf das Wehr zum Lehder Fließ am Lübbenauer Hafen. Rechts die Zufahrt zur Schleuse, links, hier nicht im Bild, die Einfahrt in die Bootsrolle.
3. Tag, Bild 2
Der Südumfluter trennt die südlich gelegenen Felder von den nördlichen, sumpfigen Waldgebieten. Es ist neben dem Nordumfluter das breiteste und tiefste Fließ zwischen Lübbenau und Burg.

Hier steht derselbe junge Mann wie gestern. Er erkennt uns, wir wechseln ein paar Worte. Die Schleuse ist schnell passiert, danach fahren wir von der Hauptspree, die nach links abbiegt, geradeaus auf den Südumfluter. Dieses Fließ ist neben dem Nordumfluter einer der breitesten und wohl auch tiefsten Wasserläufe im Spreewald. Wir haben gut mit Paddeln zu tun, da man hier die Strömung merkt und wir sie gegen uns haben. Deshalb sind wir nicht allzu schnell, aber um so besser kann man die Landschaft betrachten. Während nach Süden hin, also am rechten Ufer, meist Felder sind und man eine sehr weite Sicht hat, fängt am nördlichen Ufer der Spreewald an. Der Gegensatz ist sehr reizvoll.

3. Tag, Bild 3
Ganz allein auf dem Südumfluter, das Paddeln macht viel Spass. Es gibt ständig etwas Neues zu sehen.
3. Tag, Bild 4
Die erwachende Natur belebt mit zarten Grüntönen die kahlen Bäume.

Wir treffen auch auf ein Paddelboot, aber nach kurzer Zeit biegt es in Richtung Lehde ab und wir sind wieder allein. Zu beschreiben, wie die Fahrt auf dem Fließ ist, inmitten der mit dem Frühlingserwachen beschäftigten Natur, beim Zwitschern der Vögel, ab und zu reissen auch die Wolken auf und die Sonne schaut hindurch - all diese Eindrücke zu beschreiben, das ist schwer.

Da gibt es nur eins - in den Spreewald fahren, ein Boot besorgen, kaufen oder leihen, und es einfach mal ausprobieren. Und jetzt, im Frühjahr, wo es noch kühl ist, gibt es auch das Problem mit den Mücken noch nicht. Ich greife vor, wenn ich verrate, dass wir in der ganzen Woche nicht eine Mücke gesehen haben.

Dann biegen wir nach links in die Untere Boblitzer Kahnfahrt ein. Jetzt geht es durch den Wald, der auf beiden Seiten an das Fließ angrenzt. Der Wasserlauf ist nicht mehr so breit, aber gegen die Strömung paddeln wir auch hier. Wir können eine Menge beobachten - einen Buntspecht, der sich durch sein Hämmern verrät, viele Enten, einige schwimmen neugierig ganz nah an unser Boot heran, andere legen Wert auf ausreichend Sicherheitsabstand. Selbst einen kleinen blauen Eisvogel sehen wir, aber von ihm gelingt uns kein Foto. Immer wenn wir ein wenig näher kommen, fliegt er schwirrend wie ein blauer Blitz im leichten Zickzack ein Stück voraus, vielleicht will er uns ja von seinem Nest weglocken? Denn plötzlich ist er verschwunden. Dann sehen wir auch umgestürzte Bäume, die wohl einen Sturm im Herbst nicht überstanden haben und eine richtige Insel des aufgeweichten Ufers beim Fallen mit sich gerissen haben. Wir paddeln eine ganze Weile diesen herrlichen Wasserlauf entlang, bis wir kurz vor Leipe an die Schleuse auf der Unteren Boblitzer Kahnfahrt kommen.

3. Tag, Bild 5
Auf diesem Baum hämmerte ein Specht, aber er war bei unserer Annäherung schneller als die Digitalkamera. Der grüne Pfeil zeigt auf ihn.
3. Tag, Bild 6
Der Erpel ist genauso neugierig wie wir, vielleicht bekommt er ja von Paddlern ab und zu Futter? Nicht alle Enten sind so zutraulich.
3. Tag, Bild 7
Flachwurzler haben es schwer, wenn der Boden aufgeweicht ist und ein ordentlicher Herbststurm über das Land fegt.
3. Tag, Bild 8
Die Schleuse an der Unteren Boblitzer Kahnfahrt, sie hat ein einflügliges Tor.

Hier treffen wir wieder jemanden, Evi schleust gemeinsam mit dem Mann aus dem anderen Boot. Hier draußen kommen zu wenig Paddler vorbei, als dass sich das Schleusen als Geldbeschaffung lohnen würde, so dass man dies selber erledigen kann und muss. Übrigens ist es Evi grundsätzlich lieber, die Schleuse zu bedienen, als allein mit dem Boot in einer solchen geschleust zu werden, so dass ich meist im Boot bleibe. Das Boot lässt sich vom vorderen Sitz aus sehr schlecht steuern und in die Schleuse manövrieren, andererseits ist ein wenig Bewegung immer gut, wenn man eine längere Zeit gesessen oder gekniet hat.

3. Tag, Bild 9
Das Gasthaus Froschkönig ist vom Wasser aus erreichbar. Man muss allerdings sein Boot ans Ufer ziehen.
3. Tag, Bild 10
In der Sonne ist es schön warm, der Salat und das Babben-Bier schmecken ausgezeichnet.

Dann fahren wir in Leipe ein und sehen als erstes ein Schild, das auf ein Lokal hinweist - "Gasthaus Froschkönig". Besonders interessant finden wir, dass es auch Schwarzbier geben soll… Also machen wir Mittag. Es gibt für jeden einen Salatteller mit dem Namen "Gute Laune Salat". Dazu bestellen wir ein wunderbares Babbenbier.

An einem langen Tisch im Garten sitzt eine größere Gruppe Paddler, alle anderen Tische sind auch besetzt, so dass keine Langeweile aufkommt. Als wir mit dem Salat fertig sind, fragt uns die Bedienung, ob wir nun gute Laune hätten? Auf unser Erstaunen hin erklärt sie uns, dass wir die ersten dieses Jahr waren, die dieses Gericht bestellt hatten, da im Froschkönig erst am vorigen Donnerstag die Saison begonnen hat. Durch unsere Bestellung wäre nun jedes Gericht schon mindestens einmal verkauft worden. Wir bestätigen, dass wir nun gute Laune haben, es hat gut geschmeckt. Und es ist auch wirklich so, die Sonne scheint immer häufiger, weil die Wolkeninseln immer weniger und kleiner werden, es ist wärmer geworden, wir sind satt und es geht uns gut. Wir beschließen, von hier zur Wotschofska zu paddeln.

Wir holen unser Boot von der Boots-Liegewiese, die mit zum Lokal gehört und "wässern" es. Das Einsteigen ist nun schon (wieder) Routine, wir fahren los, quer durch Leipe. Nach dem angenehmen Sitzen in der Sonne müssen wir erst wieder in Takt kommen. Da trifft es sich gut, das wir ein wenig hinter einem Stakkahn herfahren, die ja deutlich mehr Gewicht haben und dadurch auch langsamer sind.

3. Tag, Bild 11
In aller Ruhe paddeln wir hinter den Kähnen her durch das schöne Dorf Leipe, sozusagen auf dem Dorffließ entlang.
3. Tag, Bild 12
Der Burg-Lübbener-Kanal verläuft schnurgerade von Ost nach West.

Also paddeln wir im langsamen Gang durch Leipe, vorbei an der Heimatstube und dem Spreewaldhotel, die auf der linken Seite liegen. Im Dorf gibt es einige Brücken, dann biegen wir leicht rechts ab in das Jurksfließ. Es dauert nicht allzu lange, dann kommen wir an die große Kreuzung zwischen Jurksfließ, Leiper Graben und Rohrkanal. Wir paddeln den Leiper Graben in nördlicher Richtung. Hier sind wir allein, nur die Natur ist um uns herum. Es ist doch noch einigermaßen sonnig geworden, wenn die Sonne auch nicht mehr für eine richtige Erwärmung der Luft sorgen konnte.

Als wir den Burg-Lübbener-Kanal erreichen, biegen wir links ab. Der Kanal verläuft fast genau von Ost nach West und ist schnurgerade, auf ihm sind mehr Paddler unterwegs. Von hier an paddeln wir mit der Strömung, wir sind deutlich schneller und es geht leichter.

3. Tag, Bild 13
Auch hier gibt es umgestürzte Bäume.
3. Tag, Bild 14
Es geht immer gerade aus, ganz hinten rechts kann man schon die nächste Schleuse "erahnen".

Nach knapp zwei Kilometern erreichen wir die westliche Schleuse auf dem befahrbaren Burg-Lübbener-Kanal. Wir haben sie erst einmal für uns und während ich im Boot bleibe, schleust Evi mich. Aber als Evi die Schleuse öffnet, um mich auf der anderen Seite wieder herauszulassen, da warten dort auch schon zwei Boote, um die Schleuse in der anderen Richtung zu benutzen. Wir beschließen, eine kleine Pause zu machen, als wir die Kamera ausgepackt haben, sind die anderen Boote schon durch und im Rohrkanal verschwunden, der nach der Schleuse rechts abzweigt. Nun sind wir wieder allein.

Ich nutze die Gelegenheit, um ein paar Fotos von der Schleuse zu machen, die so typisch für die meisten Schleusen im Spreewald ist. Neben der Wehrstufe, die natürlich jeweils unterschiedlich hoch ist, gibt es die mit Toren versehene Durchfahrt. Der Vorgang des Schleusens ist immer gleich und nicht schwierig. Gehen wir davon aus, wir kommen von der Seite des höheren Wasserstandes und haben Glück, das Tor auf unserer Seite ist offen. Dann steigt ein Paddler am Steg vor der Schleuse aus, in vielen Schleusen gibt es auch Leitern, wo man hochklettern kann. Als erstes schliesst der Ausgestiegene die Tür, durch die wir eingefahren sind. Daran anschließend müssen auch die Schotten in den Türen geschlossen werden, der "Schleuser" erledigt das durch Umlegen eines Hebels an der jeweiligen Tür.

3. Tag, Bild 15
Ehe wir die Kamera ausgepackt haben, sind die anderen Paddler schon abgebogen.
3. Tag, Bild 16
Das Boot ist sicher befestigt, Zeit für eine Pause in der Sonne.

Dann geht der "Schleusende" zu den Toren auf der anderen Seite. Hier werden nun die Schotten geöffnet, wieder mit den Hebeln. Durch die entstandenen Öffnungen in den Toren kann das Wasser ablaufen und der Wasserspiegel senkt sich auf das untere Niveau ab. Erst wenn der Wasserspiegel auf beiden Seiten des Tores gleich ist, lässt sich dieses bewegen. Wenn man es einmal vorher versucht, kann man eine Ahnung von der Kraft des Wassers bekommen! Dann öffnet der "Schleusende" das Tor, der Weg ist frei. Er kann nun in der Schleuse zusteigen oder der im Boot verbliebene Paddler legt nach der Schleuse am immer vorhandenen Steg an. Das mal ein Paddler seinen Partner am Ufer vergessen hätte und einfach losgepaddelt wäre, davon haben wir noch nichts gehört…

Ist das Tor natürlich geschlossen, dann hat der "Schleusende" mehr Mühe, da er erst die anderen Tore schließen und die Schleuse fluten muss, bevor er das Zufahrtstor öffnen kann. Deshalb muss auch jeweils ein Steg vor der Schleuse vorhanden sein, da ja in diesem Fall mindestens einer vor der geschlossenen Schleuse aussteigen muss.

3. Tag, Bild 17
Blick von der Schleuse in östlicher Richtung, von wo wir gekommen sind. Gleich nach der Schleuse geht rechts der Rohrkanal ab.
3. Tag, Bild 18
Blick in die andere, die westliche Richtung. Dorthin wollen wir nachher paddeln.
3. Tag, Bild 19
Das fliessende Wasser an einem Wehr fasziniert mich immer wieder. Man kann die Gewalt des Wassers nur ahnen.
3. Tag, Bild 20
Wir brauchen den Seesack mit unseren Sachen, die Seesäcke sind mit Karabinern am Alugestänge des Ally eingeklinkt.

Es ist nun halb fünf, die Nachmittagssonne scheint. Die Lufttemperatur liegt aber nur bei etwa zwölf Grad, deswegen ist es Evi ein wenig kühl. Sie hat im Seesack ein Lausitzer Porter "gefunden". Also machen wir eine kleine Pause. Wir sitzen in der Sonne, beobachten die Vögel und lassen es uns gut gehen. Dann ist das Bier alle, wir brechen auf. Auf dem Abschnitt des Fließes, auf dem wir uns nun befinden, fallen uns besonders die Uferbefestigungen auf.

3. Tag, Bild 21
Die Sonne scheint noch, aber ein leichter Wind weht und es wird schon kühler.
3. Tag, Bild 22
Gegen die Kühle hilft am besten Bewegung. Also paddeln wir weiter in Richtung Wotschofska.
3. Tag, Bild 23
Schnurgerade verläuft der Burg-Lübbener-Kanal. Ganz in der Ferne ist die Brücke am Abzweig Bürgerfließ zu ahnen.
3. Tag, Bild 24
Etwa die Hälfte der Strecke haben wir zurückgelegt, die Brücke ist jetzt schon besser zu sehen.

Zuerst geht es bis zum Abzweig des Bürgerfließes, hier teilt sich das Fließ auf. Wir bleiben aber auf unserem Burg-Lübbener-Kanal, der jetzt allerdings deutlich schmaler ist. Wenig später sind wir auch schon am Abzweig zur Wotschofska und Evi kommt auf die Idee, das wir diese umfahren könnten. Also paddeln wir weiter bis zur zweiten Brücke. Ab hier ist der Burg-Lübbener-Kanal gesperrt, dies ist schon lange so und auch in den Karten eingezeichnet. Aber der Rollkanal, der hier nach links abgeht, den sind wir voriges Jahr noch gefahren. Jetzt ist auch er gesperrt. Rund um den Lübbenauer Bürgerwald wurde die Schutzzone ausgeweitet. Wenn es in diesem Moment auch schade für uns ist, so sind wir doch grundsätzlich dafür, den Spreewald zu schützen und haben Verständnis für solche Maßnahmen.

3. Tag, Bild 25
Vor der ersten Brücke geht links das Bürgerfließ, vor der zweiten Brücke der Wehrkanal in Richtung Wotschofska ab und nach der zweiten Brücke zweigt der Rollkanal ab, der direkt zum Zeltplatz führen würde.
3. Tag, Bild 26
Wir haben die zweite Brücke passiert, aber sowohl B-L-Kanal als auch Rollkanal sind gesperrt.

Also drehen wir um und fahren nun doch auf dem Wehrkanal an der Wotschofska vorbei. Am Abzweig des Bürgerfließes, auf dem gleich eine Schleuse folgt, haben wir keine Lust, auszusteigen und zu schleusen. Über das Bürgerfließ wären wir aus nördlicher Richtung direkt zum Zeltplatz gepaddelt. Wir entscheiden wir uns aber, den Weg über Lehde und die Hauptspree zu nehmen, dies hat Folgen, wie man noch sehen wird.

3. Tag, Bild 27
Nach dem B-L-Kanal ist der Lehder Graben eng und verwinkelt. Er verläuft in Nord-Süd-Richtung.
3. Tag, Bild 28
Der Wald um uns herum wirkt irgendwie urtümlich.

Aber erst einmal geht es den Lehder Graben entlang. Nach dem schnurgeraden B-L-Kanal könnte man nun denken, man ist in einem anderen Spreewald. Das Fließ macht viele Windungen, es ist enger und führt durch einen Wald mit Unterholz. Da der Graben fast in Nord-Süd-Richtung verläuft, fällt die Abendsonne von rechts durch die Bäume und schafft ein ganz zauberhaftes Licht. Ab und zu gehen seitlich kleinere Fließe ab.

Wir sind ganz allein, paddeln manchmal ganz langsam und leise und hören auf den Gesang der Vögel. Hin und wieder hört man auch einen Specht hämmern. Dann ist es kurzzeitig ganz still, als wenn die Natur den Atem anhält, man hört nur das Plätschern des Wassers am Boot. Und in diese Stille hinein quakt plötzlich ein einzelner Frosch, nur einmal und nicht lange. Man hofft spontan für den Frosch, dass nicht ein Storch seinen Gesang unterbrochen hat.

3. Tag, Bild 29
Nach der Vereinigung mit dem Eschenfließ wird der Lehder Graben breiter.
3. Tag, Bild 30
Je näher wir Lehde kommen, desto mehr ändert sich auch der Charakter der Umgebung.
3. Tag, Bild 31
Der erste Storch, den wir in diesem Jahr sehen. Er ist zeitig zurück.
3. Tag, Bild 32
Er lässt sich von uns nicht stören, er ist mit dem Abendbrot beschäftigt.

Und siehe da, wir sind schon kurz vor Lehde. Hier weicht der Wald vom Ufer zurück, da sehen wir auf einer der Wiesen rechts von uns einen Storch. Er schreitet über den moorigen Untergrund und hindert möglicherweise Frösche am Quaken. Der Storch ist eines der Wahrzeichen des Spreewaldes, wie wir auch von früheren Besuchen her wissen. Er findet in der wasserreichen Landschaft ideale Lebensbedingungen. Dieser hier ist wohl ein wenig zeitig zurück aus dem Süden, wir haben während unseres einwöchigen Urlaubes ansonsten keinen weiteren gesehen. Auch der Nestbau auf verschiedenen Wagenrädern oder alten Schornsteinen, oder wo sonst die Störche bekanntermaßen ihr Nest anlegen, hatte noch nirgends begonnen.

Am Ortseingang leitet uns Evi nach rechts in das Zeitzfließ, wir wollen versuchen, um den üblichen Lehder Trubel herumzufahren. Was anderswo die Dorfstraßen sind, sind hier die Fließe. Vom Zeitzfließ biegen wir nach links in die Dolitzke ab, dann wieder nach rechts in die Brodg und zu guter Letzt nach links in das Lehder Fließ. Dabei müssen wir ziemlich aufpassen, die Lehder Dorffließe sind gerade mal doppelt so breit wie unser Boot, manchmal liegt auch ein Stakkahn an der Seite, außerdem gibt es am Ufer jede Menge zu sehen. Alle Grundstücke und die Vorgärten tragen Osterschmuck, zwischen dem zarten Grün der Bäume sehen die bunten Eier lustig aus.

Alles wäre gut gegangen und wir wären clevererweise fast direkt an unserem Zeltplatz herausgekommen, wenn wir den einzelnen kleinen schwarzen Strich auf der Karte nicht übersehen hätten. Er steht für ein Wehr ohne Schleuse. Damit erweist sich das Lehder Fließ als wässrige Sackgasse, ein Umtragen des Bootes ist auch nicht ohne weiteres möglich. Gut, kein Problem, so haben wir wenigstens einmal den hinteren Teil von Lehde gesehen, in den man sonst nicht kommt. Wir wenden, paddeln zurück zum Brodg und fahren auf diesem zurück bis zum Lehder Graben.

Der Brodg-Fließ ist für Lehde das, was der Drallewatsch für Leipzig ist - die "Kneipenmeile". Wir passieren die auf der rechten Seite liegenden Gaststätten "Hirschwinkel", "Fischkasten", "Quappenschänke" und den "Spreewaldhof". Überall ist schon Betrieb, obwohl noch nicht so ein Andrang wie im Sommer herrscht. Dann sind wir zurück auf dem Lehder Graben und kommen auch gleich am "Fröhlichen Hecht" vorbei.

3. Tag, Bild 33
Nachdem unser alternativer Weg durch Lehde nicht funktioniert hat, fahren wir doch die "Hauptstrasse". Der befürchtete Rummel hält sich allerdings in Grenzen.
3. Tag, Bild 34
Von der Hauptspree aus sehen wir diesen Ballon in der Abendsonne. Den Spreewald von oben zu erkunden ist bestimmt auch sehr interessant.

Der Hecht ist wohl die bekannteste Gaststätte des Spreewaldes, auch aufgrund der Tatsache, dass fast jeder Stakkahn auf seiner Tour an ihm vorbeikommt. Evi macht noch ein Bild, wir sind erstaunt, dass längst nicht so viel Betrieb ist, wie wir vermutet hatten. Nachdem wir noch das "Cafe Venedig" passiert haben, das auf der linken Seite des Lehder Grabens liegend auch schon geöffnet hat, verlassen wir das Dorf.

Jetzt ist es nur noch ein halber Kilometer, bis wir zur gleichfalls berühmten Lokalität "Kaupen Nr. 6" kommen. Erstens ist das eine Gaststätte, die aufgrund ihrer Insellage nur über das Wasser zu erreichen ist, zweitens gibt es dort unter anderem auch Babben-Bier. Evi und ich sind uns also schnell einig, noch einmal anzulegen. Als wir gerade den Kai der Gaststätte ansteuern, da gibt es mit einem Mal ein großes Hallo hinter uns. Wir drehen uns um und sehen meinen Bruder mit seiner Frau, die direkt auf uns zuhalten.

Nach der Begrüßung kehren wir erst einmal ein in "Kaupen Nr. 6". Wir trinken unser Babben-Bier, Stefan eine Cola und Dorit einen Tee. Dann gibt es viel zu berichten. Dorit und Stefan sind mit ihrem Festkajak auf dem Autodach bis nach Raddusch gefahren. Dort haben sie ihr Auto n der Nähe des Hafens abgestellt und sind mit dem Boot die Radduscher Kahnfahrt bis zum Südumfluter gepaddelt.

Von dort aus haben sie über den Buschgraben nach einiger Zeit Burg Kauper erreicht. Da der Rohrkanal bei Burg Kauper gesperrt war, sind sie ein Stück den Buschgraben zurückgepaddelt und dann über die Neue Spree durch Leipe auf die Hauptspree gekommen. Gerade als sie an den Abzweig Lehder Graben kamen, haben sie gesehen, wie wir anlegen wollten. Im Gegenzug berichten wir, dass wir beinahe eine andere Strecke gefahren wären…

Es gibt noch viel zu erzählen, also zahlen wir und paddeln erst einmal zum Zeltplatz. An der Lübbenauer Hafenschleuse werden wir von dem jungen Mann geschleust, der uns bereits heute Mittag geschleust hatte. Er ist immer noch auf seinem Posten. Anschließend dauert es nicht mehr lange und wir legen am Zeltplatz an, wir schaffen als erstes die Boote zum Wohnwagen. Unser Ally wiegt netto etwa zwanzig Kilo, dazu kommen noch knapp fünf Kilo Gepäck. Damit gibt es kein Problem beim Tragen, Evi und ich haben es ja in Norwegen nach einem Sturm auf dem Fjord schon einmal fünf Kilometer die Landstraße entlang getragen.

Anders ist das bei Stefans Boot. Es handelt sich hier um ein Polyester-Kajak, der zusätzlich auch schon ein paar Ausbesserungen hinter sich hat. Die beiden haben auch noch die komplette Ausrüstung mit - Zelt, Isomatten, Schlafsäcke usw. Also haben Stefan und ich an die fünfzig Kilogramm zu bewältigen. Da ist man froh, wenn man den Wohnwagen erreicht hat.

Beim Paddeln ist unser Boot, das Ally, langsamer als Stefans Kajak. Das resultiert vor allem aus der Form, insbesondere der Breite. Auch die Windempfindlichkeit des Allys ist bei geringer Beladung durch die hohen Bordwände größer. Die Manövrierfähigkeit, Wendigkeit und die minimal erforderliche Paddelbreite sind wiederum Vorzüge des Ally. Evi und ich finden die Sitz- bzw. Knieposition im Kanadier viel entspannter, wir haben aber auch schon Leute getroffen, die das genau anders herum gesehen haben. Beim Kanadier muss man nicht wie im Paddelboot synchron paddeln. Da der Ally als Faltkanadier ein geringeres Gewicht hat, wird auch das Umtragen nicht gleich zur Qual. Stefan bräuchte für längere Strecken unbedingt einen Bootswagen, bei einem Festkanadier ist das aber auch nicht anders.

Wir können jedem, der mit Paddeln anfangen will, vor allem zwei Dinge raten. Erstens sollte man die beiden Grundtypen - Kajak mit Doppelpaddel und Kanadier mit Stechpaddel - einmal ausleihen und selber probieren, was einem besser gefällt. Ausserdem ist es sehr hilfreich, wenn man von einem erfahrenen Paddler die Grundzüge der Steuerung des jeweiligen Bootstyps gezeigt bekommt. Nach der oder noch besser den Probefahrten braucht man sich nur noch über seine Prioritäten klar werden: Transport - Festboot oder Faltboot, Form - Schnelligkeit oder Seitenstabilität, Kosten - neu oder gebraucht, dann ist man bald selbst ein Nussschalen - Reeder und Kapitän.

Nachdem wir alles Gepäck verstaut haben, werfen Stefan und ich den Einweg - Grill an, der für uns vier völlig ausreicht. Dieser hier ist noch vom vorigen Jahr übrig geblieben, aber er funktioniert. Evi und Dorit bereiten das Abendessen vor. Nach dem Essen, der Grill ist auch fast heruntergebrannt, wird es kalt draußen. Wir ziehen uns in den Wohnwagen zurück. Wir haben uns schon einige Zeit nicht gesehen, deshalb gibt es jede Menge Gesprächsstoff.

Gegen elf werden wir alle müde, der Tag war lang. Also bereiten wir den Wohnwagen so für die Nacht vor, dass auch Stefan und Dorit hier mit schlafen können. Die Beiden haben ihr Zelt nur für den Notfall mitgebracht. Die Firma LMC, von der unser Wohnwagen stammt, hat einen (ich glaube sogar patentierten) Tisch eingebaut, der durch das Umklappen der Tischplatte und der Standsäule in eine Liegefläche umgewandelt werden kann. Damit wird aus der Sitzecke in einer Minute eine Liegefläche von zwei mal zwei Metern - genial, wenn man den Bruder und seine Frau zu Besuch hat.

Wir stellen noch fest, dass Evi und auch ich einen ganz leichten Sonnenbrand haben - es war der erste sonnige Frühlingstag. Dann führen wir noch einen Besuch des Sanitärtraktes wegen unumgänglicher hygienischer Maßnahmen wie Zähneputzen durch und anschließend dauert es nicht mehr lange, da herrscht im Wohnwagen Nachtruhe.


3. Tag, Tour-Karte
 2.Tag 
Mein Bruder und seine Frau besuchen uns!
3. Urlaubstag - Sonntag 11.04.2004
 4.Tag