Wandertour zum See Kongsvatnet
12. Urlaubstag - Mittwoch, 27.08.2003

Nach einer stürmischen Nacht (in dem Fall Wetter!) ist es früh fast absolut windstill und es regnet nicht. Es sind auch keine Wolken am Himmel, der Wind scheint sie alle weggeblasen zu haben. Wir kontrollieren unsere Sachen, der Sturm hat keinen Schaden angerichtet. So geht es erst mal duschen und anschließend gibt es Frühstück. Dann kommt die Frage auf, was machen wir heute? Ich neige angesichts des glatten Fjordes zu einer Paddeltour, aber ich werde von Evi mehrheitlich überstimmt. Sie will unbedingt wandern gehen, alle meine Einwände fruchten nichts.

Das Resultat der Uneinigkeit ist, das wir schon kurz nach Beginn der Wanderung in Streit geraten. Erst am Nachmittag wird unser Verhältnis dann wieder besser. Der Weg beginnt direkt auf der anderen Straßenseite am Zeltplatz. Zuerst wandern wir über eine eingezäunte Wiese, auf der Schafe weiden. Das Gatter hat Türen, anschließend geht es durch den Hochwald den Berg hinauf. Nach einiger Zeit wird es steil, aus den breiten Wegen wird ein schmaler Waldpfad, man muss richtig steigen. Nach über zwei Stunden kommen wir an eine Hütte, die verschlossen ist. Auf der anderen Seite gibt es einen Tisch und Bänke, so machen wir eine kurze Rast. Der Ort heißt wohl Hola. Dann treffen weitere Wanderer ein, ein Pärchen vom Zeltplatz und eine Familie.

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Wir haben Hola erreicht, hier gibt es eine Hütte.

Wir starten als erste und erreichen nach kurzer Zeit eine Kreuzung. Hier treffen mehrere Wege aufeinander, erstens der aus Richtung Vangsnes, zweitens der von der Hochebene um Kallbakk und drittens der Weg, den wir gekommen sind. Wir entscheiden uns, was zu diesem Zeitpunkt aufgrund der gespannten innerfamiliären Lage gar nicht so einfach ist, in Richtung Hochebene zum Kallbakk zu wandern.

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Blick von oben auf die Lichtung und die Hütte bei Hola.

Wir sind bei der Kreuzung auf einer Höhe von etwa sechshundert Metern und nun geht es weiter berauf. Nach weiteren einhundert Höhenmetern kommen wir an den Rand einer Hochfläche und stehen vor mehreren kleinen Seen, die im Sonnenlicht liegen und wunderschön sind. Es ist warm, wir machen am Husatjerni eine kleine Pause und trinken etwas. Hier könnte man lange sitzen und schauen. Wir folgen dem Weg, der parallel zum Ufer des Sees verläuft. Es geht weiter bergan, wenn auch nicht mehr so steil. Die Hochfläche ist von sumpfigen Stellen und kleinen Wasserläufen durchzogen, wir springen an manchen Stellen von Stein zu Stein.

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Diese herrliche Hochebene sind wir entlanggewandert.
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Manchmal ist der Baumbewuchs auch etwas dichter, Evi ist immer noch ungehalten.
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Hinter uns befinden sich die Langavatnet-Seen, wir schauen auf die Hochebene hinunter, die wir in Richtung Kallbakk durchwandert haben.
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Die Husatjerni-Seen, hier ist es wunderschön. In der Ferne sind die Berge Reindalsfjellet und Rambertinden mit ihren Schneefeldern zu sehen.
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Am Ufer der Husatjerni-Seen machen wir erst einmal Rast.
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Die Ufervegetation des Sees ist bemerkenswert.
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Blick über die Husatjerni-Seen in Richtung Osten. Es ist warm, sonnig, windstill - das Panorama ist herrlich, hier würde man am liebsten ewig bleiben.
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Es geht weiter, hier der Blick zurück zu den Seen. In der Ferne sieht man die Hochebene auf der anderen Seite des Fjordes.
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Der Weg von den Seen in Richtung Kallbakk.
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Diese dem Kallbakk vorgelagerte Hochebene ist sehr sumpfig.

Dann gibt es wieder dichten Bodenbewuchs durch Blaubeersträucher. Das Wandern ist hier anstrengend, die Wanderstöcke sind eine wichtige Hilfe. Nach einer halben Stunde erreichen wir die Kreuzung Kallbakk, an der fünf Wege zusammentreffen. Sie liegt am Anfang einer großen, weitgehend waagerechten Wiese. Auf ihr stehen in jeweils großem Abstand mehrere Hütten, zwei Pferde weiden in der Mitte. Wir sind hier etwa siebenhundertfünfzig Meter hoch.

Beim Kartenstudium sehen wir, dass ein Weg zu dem großen See Kongsvatnet führt. Dieser See interessiert uns. Also wandern wir vom Kallbakk aus am rechten Rand der Hochfläche entlang. Die Steigung ist gering. Erst wandern wir über eine große, mit Blaubeersträuchern überwucherte Fläche. Es ist schwer, dem eher selten begangenen Weg zu folgen, Markierungen gibt es hier nicht. Ab und zu erhebt sich mal eine Birke über die Büsche. Dann wechselt der Bewuchs, wir erreichen eine Art Waldrand. Von jetzt an geht es eine halbe Stunde durch dichten Mischwald.

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Der erste Blick auf den See Kongsvatnet. Am östlichen Ufer kommt man nur schwer an ihn heran.

Dann kommen wir an eine weitere Wegkreuzung und wir können durch die Bäume den Kongsvatnet schimmern sehen. Der Weg teilt sich auf und führt in beiden Richtungen um den See herum. Zuerst folgen wir dem linken Pfad in der Hoffnung, das wir einen Aussichtspunkt mit Blick über den See finden. Diese Hoffnung erfüllt sich nicht, der Weg beginnt sich vom See zu entfernen, da drehen wir um.

Nach einer Stunde sind wir wieder an der Kreuzung und nehmen jetzt den Weg rechts. Wir wandern im dichten Wald parallel zum Ufer, bis wir an einige Hütten kommen, die auf einer ansteigenden baumfreien Fläche stehen. Jetzt haben wir endlich Sicht über den ganzen Kongsvatnet. Weiter unten am Ufer steht auch noch eine Hütte. Der See ist groß und das Panorama wunderschön. Es ist sechzehn Uhr und wir rasten zwischen den Hütten. Wir sind nicht allein, ein paar Schafe weiden auf der Wiese rund um die Hütten. Mich beeindruckt besonders der Berg Rambertinden mit seinen Schneefeldern, der in einiger Entfernung vom anderen Ufer des Kongsvatnet zu sehen ist.

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Das ist der Blick auf den See, wenn man am erhöhten nördlichen Ufer entlang wandert. Durch die Bäume kann man das Wasser sehen.
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Hier hat ein Norweger sein einsames Wochenend-Domizil errichtet. Von hier oben aus kann man den westlichen Teil des Kongsvatnet sehen.
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Je höher wir am Nordufer steigen, desto besser kommt der See ins Blickfeld. Im Hintergrund ist der Rambertinden zu sehen, irgendwie fasziniert er mich.
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Evi ordnet ihre Ausrüstung.
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Bei Kongsli gibt es weitere Hütten. Von hier oben hat man endlich einen Blick über fast den gesamten Kongsvatnet.
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Der Weg führt parallel zu einem Bergbach ins Tal hinunter.
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Um auf die andere Seite nach Mytingen zu gelangen, müssen wir über den Pass hinter Evi steigen.

Nach der Rast steigen wir den immer steiler werdenden Hang hinter der Wiese hinauf. Auf der Karte haben wir herausgefunden, dass dieser Weg zurück nach Tveit führt. Kurz vor der Straße am Fjord dürften wir auf den Weg von heut früh treffen. Erst einmal aber klettern wir auf die "Scharte" vor uns zu. Hier ist wohl mit knapp achthundert Metern der höchste Punkt unserer Wanderung erreicht. Von hier oben kann man in beide Richtungen sehen, zurück zu Kongsvatnet und Rambertinden oder nach vorn zum Fjord. In Richtung Fjord geht es steil bergab und weiter unten ist eine Hütte zu sehen. Die Aussicht ist großartig, es ist warm, die Sonne scheint und wir sind uns mittlerweile wieder weitgehend einig.

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Von hier oben bietet sich ein herrlicher Blick über den Fjord in Richtung Balestrand und Fjærlandsfjorden, die in der Nachmittagsonne liegen. Im Hintergrund ist die Leikanger-Hochebene zu sehen, über den Fjord fährt die Fähre in Richtung Vangsnes. Zu der Hütte links unten müssen wir hinabsteigen.

Man muss nun sehr auf den Weg achten, ab und zu verlieren wird ihn auch. Hier scheinen wenig Leute entlang zu kommen. Wir haben auch, außer heute früh an der Hola - Hütte, den ganzen Tag keinen Menschen getroffen. Dann erreichen wir Mytingen, die von oben bereits erspähte Hütte. Eigentlich sind es mehrere, von oben haben wir aber nur eine sehen können. Alle sind verschlossen, niemand ist da.

Wenn man durch die Fenster der Hütten schaut, sieht man Holzbänke und Tische, meist einen Holzkasten mit Decken als Bett, in einer Hütte steht sogar ein Holzzuber und eine halb heruntergebrannte Kerze auf dem Tisch. Alle Einrichtungsgegenstände scheinen schon älter zu sein und sind sehr einfach, meist aus Holz. Um die Hütten herum ist das Niederholz gerodet. Auf dem Stück Wiese weiden die unvermeidlichen Schafe, die uns neugierig und zurückhaltend betrachten und sich anscheinend mit leisen "mäh" - "mäh" -Rufen über uns unterhalten. Evi als Schafexpertin redet mit ihnen, verrät mir aber nicht, was sie erzählen.

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Hinter uns die Hütte - jetzt wird's steil. Der Baumbewuchs wird wieder dichter.

Nachdem wir uns alles angeschaut haben, wandern wir weiter talwärts und kommen an eine Ausspülung. Hier fließt bei der alljährlichen Schneeschmelze im Frühjahr wohl eine Menge Wasser zu Tal. Das hat dazu geführt, das die Erde ausgewaschen ist und man über eine Art Kieshang nach unten steigt. Nachdem auch dieses schwierige Stück geschafft ist, wandern wir eine Weile neben dem in dieser Jahreszeit kleinen Bächlein abwärts. Die Umgebung ist wild romantisch und wirkt unberührt. Weiter unten tauchen wir dann wieder in den Mischwald ein. Es geht weiter steil abwärts, aber jetzt führt ein Trampelpfad hinunter, da lässt es sich ein wenig besser gehen. Knapp zwei Stunden nach der letzten Rast erreichen wir einen richtigen Waldweg. Wir haben ihn heute früh schon benutzt, es dauert nicht mehr lange, und wir haben den Zeltplatz erreicht.

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Am liebsten möchte man gar nicht hinabsteigen - aber es wird langsam Abend.
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Wenn man den ganzen Tag wandert, kann man abends den Gürtel enger schnallen...
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Jetzt ist alles bereit für das Heldenbild.

Was macht man, wenn man kurz nach achtzehn Uhr von einer anstrengenden Wanderung zurückkehrt? Richtig, am Sognefjorden geht man Angeln. Evi will derweil zur Rezeption gehen und die nächsten Übernachtungen bezahlen. Vorher trägt sie das Boot mit zum Betonklotz. Dabei kommen wir am Wohnwagen eines "Profi-Anglers" vorbei. Er hat sein Boot kurz vor unserer Rückkehr am Steg festgemacht. Im Gras vor seinem Wohnwagen liegt ein Fisch, er ist mindestens einen Meter lang. Er sieht fast aus wie ein Wels, mit einer durchgehenden Rückenflosse. Auf unsere Nachfrage hin erfahren wir, das dies ein "Steinbeißer" ist, ein Fisch des Fjordes, der in Tiefen um die hundert Meter lebt. Daneben sind in einem Fischkasten noch jede Menge kleinere Fische unterschiedlicher Arten zu sehen.

Während der "Profi" beginnt, in der "Fischfabrik" seinen Fang zu verarbeiten, ist von den anderen "Betonklotz" - Anglern keiner zu sehen. Also paddle ich hundert Meter raus und beginne mit Blinkern. Es ist wenig Wind, ich treibe ganz langsam. Heute macht es richtig Spaß.

Nach etwa einer halben Stunde gibt es beim Einziehen des Blinkers, ich habe die kleine "Makrele" dran, einen starken Ruck. Es sind noch etwa fünfzig Meter Schnur draußen. Es muss ein größerer Fisch sein, denn die Gegenwehr ist enorm. Ich kann die Schnur nur langsam einholen, die Angelrute biegt sich ziemlich. Als ich den Fisch nahe am Boot habe, setze ich den Unterfangkescher ins Wasser. Das klingt einfach, aber in der einen Hand die Angelrute mit dem stark ziehenden Fisch, in der anderen den Kescher, in einem kippligen Boot, welches ausgerechnet jetzt auch noch zu treiben beginnt und anfängt, sich zu drehen...

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Unser größter Fang - eine Meeresforelle von etwa 50 cm Länge. Gefangen habe ich sie vom Boot aus in einhundert Metern Entfernung vom Ufer, auf einen kleinen Makrelen-Blinker.

Dann gelingt es mir doch, die Meeresforelle vorsichtig über den Kescher zu dirigieren und aus dem Wasser zu heben. Ich bin überrascht, sie ist einen halben Meter groß. Ich paddle sofort ans Ufer. Das Zelt steht auf, Evi ist aber nicht da. Etwas ratlos stehe ich mit der Forelle im Kescher am Boot, da kommt mir unser Nachbar im VW-Bus zu Hilfe. Er geht zur Rezeption und holt Evi, die dort Prospekte studiert. Wir beraten, ob aus der Forelle unser Abendbrot werden kann. Wir haben nur einen winzigen Kocher und zwei Alutöpfe mit zehn Zentimeter Durchmesser. Wir sind schon fast soweit, die Forelle wieder frei zu lassen, da bietet uns die Frau unseres Nachbarn, die sich mittlerweile auch hinzugekommen ist, die Benutzung ihres Kochers und der Pfanne an. Sie hat einen großen Kocher mit einer 5-Kilo-Gasflasche.

Wir nehmen Ihr Angebot an, dann geht es zur "Fischfabrik". Unser Nachbar nimmt die Forelle aus, ich helfe dabei. Ich habe seit ewigen Zeiten keinen Fisch mehr ausgenommen, ich mache das auch nicht unbedingt gern und bin froh über die fachmännische Hilfe. Dann geht es zurück zum VW-Bus unseres Nachbarn. Die Forelle wird gebraten, das machen die Frauen. Als unsere Nachbarn hören, dass wir keine Teller, sondern jeder nur ein Holzschneidebrett mithaben, bekommen wir auch noch jeder einen Teller. Unsere Bitte, mitzuessen, lehnen sie ab, da es bei ihnen heute schon jede Menge Makrelen zum Abendbrot gab - während wir wandern waren, war wohl wieder ein Schwarm am Betonklotz. Die Forelle schmeckt ausgezeichnet - ein komplettes Abendbrot. Wir möchten uns auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich bei unseren Zeltplatznachbarn für die Hilfe bedanken.

Die Frauen gehen nach dem Abendbrot aufwaschen, wir unterhalten uns noch ein wenig. Leider müssen unsere Nachbarn morgen schon abreisen. Auf mein Angebot, mit dem Boot gemeinsam noch einmal rauszufahren, geht unser Nachbar lieber nicht ein, weil ihm das Ally doch kein Vertrauen einflößt. So probiere ich es noch ein wenig alleine, aber ich fange nichts mehr. Nachdem wir das Boot zum Zelt gebracht haben, kochen wir noch einen Kaffee, unterhalten uns noch ein wenig. Als es dunkel ist, sind wir ziemlich müde - Nachtruhe.

 

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