Paddeltour nach Vangsnes - Besuch bei Fridtjov
13. Urlaubstag - Donnerstag, 28.08.2003

Nach dem erlebnisreichen Tag gestern sind wir erst gegen acht Uhr aus dem Schlafsack zu kriegen. Wir verabschieden uns von unseren Nachbarn mit dem VW-Bus, die zeitig starten, weil sie eine große Strecke vor sich haben. Danach geht es schnell duschen und anschließend holt uns der Luxus ein - Frühstück mit frischen Brötchen! Evi hat gestern an der Rezeption nicht nur Prospekte gelesen, sondern auch die Gelegenheit genutzt, für heute Brötchen zu bestellen. Während des Essens - frische Brötchen mit Moltebeer - Konfitüre, das schmeckt einfach himmlisch - beraten wir über unsere heutigen Aktivitäten. Wandern, nein - eigentlich nicht, das Wasser ist zu glatt, die Sonne scheint. Bei unserer Ankunft in Vik hing doch in der Information ein Plakat zur Fridtjov-Statue in Vangsnes. Wollen wir Fridtjov nicht mal besuchen?

Die Geschichte von Fridtjov dem Verwegenen wurde auf dem Plakat in der Information kurz geschildert. Er war wohl ein Wikingerkönig aus Vangsnes und hatte sich in den Kopf gesetzt, eine Prinzessin von Balestrand zu heiraten Die beiden Brüder der Prinzessin waren dagegen. (Was auf dem Plakat nicht stand - hat mal jemand die Prinzessin nach ihrer Meinung gefragt?). Fridtjov jedenfalls wanderte erst mal aus, führte viele Schlachten und kehrte mit einem starken Heer als reicher Mann zurück. Die Brüder hatten derweil eine Schlacht verloren, deshalb lebte die Prinzessin am Hofe von König Ring. Fridtjov begab sich verkleidet dahin und heiratete seine Prinzessin schon nach einem Jahr. Die Brüder versuchten ihn daraufhin zu vernichten, wurden aber von ihm geschlagen. Fridtjov herrschte dann lange Zeit weise und vollbrachte noch viele staatsmännische Taten, indem er die Fürsten der Wikinger einigte und Norwegen stärkte.

Nun haben viele Norweger und Wikinger große Taten vollbracht, wie kommt ausgerechnet Fridtjov zu einer über zwanzig Meter hohen Statue? Dazu gibt es eine weitere kleine Geschichte. Der deutsche Kaiser Wilhelm II fuhr seit 1898 fast jedes Jahr in den Sommermonaten mit seinem Schiff nach Norwegen. Er wurde immer herzlich aufgenommen. Irgendwann hat er auch die Geschichte von Fridtjov dem Verwegenen gehört und ihn wohl wegen seiner konsequenten Zielstrebigkeit bewundert.

Oft ankerte der kaiserliche Dampfer auch vor Balestrand und Vangsnes. Da muss ihm dann irgendwann die Idee gekommen sein, seine Bewunderung für Fridtjov, den Wikingerhelden, mit einem Dank an die Norweger zu verbinden. Von 1910 bis 1912 wurde die Bronze-Statue in Berlin gefertigt und 1913 übergeben. Seit nunmehr neunzig Jahren steht Fridtjov nun in Vangsnes und schaut über den Fjord in Richtung Meer, ob Kaiser Wilhelm wieder einmal zu Besuch kommt. Der Kaiser kam nicht mehr, dafür aber werden wir heute nach Vangsnes paddeln.

Wir messen auf der Karte nach, bis zum Yachthafen Vangsnes sind es etwa acht Kilometer. Evi meint, das wäre für ihren linken Arm nicht zuviel. Also beseitigen wir die Spuren unseres Frühstücks und packen die erforderliche Ausrüstung zusammen. Um zehn sind wir bereit zum Ablegen. Und wieder einmal haben wir Glück, es sind kaum Wolken am Himmel und es weht nur ein Lüftchen. Wir paddeln erst einmal um unseren Betonklotz herum und ungefähr fünfzig Meter auf den Fjord hinaus. Wir müssen diesen Bogen schlagen, da wir die ersten Angler auf dem Klotz nicht stören wollen. Dann aber geht es in Richtung Osten, also vom Zelt aus gesehen rechts herum.

Wir paddeln parallel zum Ufer. Auch hier bildet der Uferverlauf Buchten, auch wenn das nicht so stark ausgeprägt ist wie in Lærdal. Es gibt jede Menge im und am Wasser zu sehen. Mal kann man bis auf den Grund schauen und sieht die Wasserpflanzen und kleine Fische. Dann passieren wir wieder ein interessantes Grundstück, mal sind es prächtig ausgebaute Villen mit Bootshaus, dann wieder kleinere und halbverfallene Hütten. Über einen Steg verfügen sie aber alle.

Und was noch auffällt - es ist kein Quadratmeter Land frei. Die hinter den Grundstücken verlaufende Straße ist vom Ufer aus im Normalfall nicht zu erreichen. Eine Ausnahme ist eine kleinen Firma, wo die Firmenstraße bis zum Steg geht, und man wohl mit Boot hätte durchgehen können. Ansonsten müsste man das Boot über privates Gelände tragen und ob alle Eigentümer das erheiternd finden, wenn zwei Fremde plötzlich ein Boot über ihre Terrasse tragen und vielleicht noch eine wertvolle Standvase umschmeißen - das müsste man mal untersuchen. In Notsituationen geht das sicher auch mal, aber hier am Abend ganz normal einen Platz zum Zelten finden? Schwierig.

Apropos zelten - Zeltplatz: in der nächsten Bucht kommen wir am dritten Zeltplatz vorbei, den wir uns dann nicht mehr angeschaut haben. Eigentlich müsste er anders heißen, etwa "Hüttenplatz". Er besteht aus einer länglich am Ufer verlaufenden Wiese, auf der ein Sanitärgebäude und viele Hütten stehen. Vielleicht hätte sich auch noch ein Eckchen für unser Zelt gefunden, aber der Steg gefällt uns nicht und Angeln vom Land aus ist auch nicht so richtig möglich.

Nachdem wir einen weiteren kleinen Landvorsprung erfolgreich umschifft haben, sind wir nun in der dritten Bucht und können in der Ferne den Yachthafen sehen. Wir haben uns vorgenommen, dort anzulegen, das Boot an Land zu bringen und dann Fridtjov zu besuchen. Wir sind gespannt, ob das funktioniert. Wenn nicht, wollen wir weiter bis an die Spitze fahren, aber dort ist ein stark frequentierter Fährhafen, Evi ist zu Recht nicht wohl bei dem Gedanken, zwischen den großen Fährschiffen herumzupaddeln.

13. Tag, Bild 1
Der Yachthafen ist gut gefüllt, die Saison ist zu Ende und es ist Donnerstag. Es ist herrlich warm und fast windstill.

Als wir näherkommen, erweist sich der Yachthafen als ein mit stabilen Steinmauern eingegrenztes Quadrat mit einem schmalen "Eingang". Vom Wasser aus gesehen gibt es im geschützten Innern mehrere Stege, die vom Land her mit einer verschlossenen Tür gesichert sind. Am landseitigen Ufer befindet sich eine Rampe, um Boote aufs Land oder ins Wasser bringen zu können. Links von dieser Rampe ist dann ein Stück Steg, das frei zugänglich ist. Im Gegensatz zu den anderen Anlegestellen ist hier nicht alles mit Booten belegt.

13. Tag, Bild 2
Ganz recht hinten im Gras liegt unser Boot. Man sieht sehr schön die Hafenmauer aus Natursteinen.

An Land schließt sich eine Art Betriebshof mit Parkplatz an, vorn an der Straße steht das Betriebsgebäude. Ganz links an der Mauer ist noch ein Stück wilde Wiese, auf der allerhand Kleinteile liegen, Anker, Rohre, Bootsteile usw. Dort finden wir auch noch einen Platz für unser Boot. Dann Schuhe umziehen, das Tauchermesser, das ich beim Bootsfahren immer an der rechten Wade habe, abschnallen und verstauen und die Paddel unter der Persenning verstecken - alles in Ordnung, es kann losgehen.

13. Tag, Bild 3
Wir sind gelandet und zum Landgang umgezogen. Der Yachthafen liegt am Ortsanfang von Langsnes.

Zuerst wandern wir um die Fabrik herum, hier wird gearbeitet. Ein Mann schafft rötlich gefärbte Holzkisten zu einem Stand und spritzt sie ab, um sie danach zu stapeln. Uns ist unklar, was in den Kisten verpackt wird. So gehen wir die Straße entlang das letzte Stück bis zum Fährhafen. Auch hier stehen die typischen Schilder, die auffordern, die Flaschen der Gasanlage zuzudrehen, bevor man auf die Fähre fährt.

13. Tag, Bild 4
Das blaue Schild weist auf den Fährhafen hin. Es fordert auf, die Gasflaschen in den Fahrzeugen zu schließen. Weiter hinten sieht man auch die Spureinteilung für den Aufstellplatz.
13. Tag, Bild 5
Der Yachthafen von Vangsnes aus gesehen.
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Einkauf in Vangsnes: 22,80 €, dabei allein nur 5,60 € für einen Blinker.

Noch ein Blick zurück zum Yachthafen und ein Foto. Dann aber wird es vor uns interessant, wir erreichen das Gelände des Fährhafens. Als erstes schauen wir nach den Fährzeiten, vielleicht brauchen wir das noch mal. Es fahren zwei Fähren im Wechsel, man kann alle dreiviertel Stunden ablegen. Dazu kommen noch andere Fährlinien, deren Schiffe in größeren Abständen anlegen. Damit ist dieser Hafen insgesamt ziemlich frequentiert.

Dann entdeckt Evi auf der anderen Seite der am Hafen vorbeigehenden Straße einen kleinen Laden, sofort fällt ihr ein, was wir alles noch brauchen. Ich bin einverstanden, mich interessiert, was für ein Angebot so ein Laden in dieser dünnbesiedelten Gegend hat. Dann bin ich überrascht. Ein sehr ordentlicher Verkaufsraum, mit einem breiten Angebot. Die "Laufkundschaft", die auf die Fähre wartenden Autofahrer, die ja praktisch direkt vor dem Laden parken, scheint doch mehr Umsatz zu bringen, als ich zuerst vermutet habe.

Vor allem führt dieser Laden zwei wichtige Sortimente: Angelzubehör und Eis. Ich kämpfe lange mit mir. Ich hänge die Schachtel wieder hin. Dann nehme ich sie wieder. Was soll's, er kostet ja nur 5,60 €, der extraschwere Blinker mit 40 g. So einer fehlt mir noch fürs Pilkern. Evi seufzt, ist jedoch grundsätzlich einverstanden, immerhin habe ich ja gestern erst ein Abendbrot gefangen.

Dann das Eis. Ich bin Schokoeis-Fan, Evi probiert lieber verschiedene Sorten. Zufällig hatten wir in Lærdal Eis von "Hennig Olsen" gekauft. Es nennt sich in meinem Fall "Schoko-Eiscreme", so zweihundert Gramm in einem Becher mit einem schicken Löffelchen, welches innen am Deckel befestigt ist. Hier finden wir dieses Eis wieder. Ich greife vor, wenn ich erwähne, dass sowohl Evi als auch ich am Ende unseres Urlaubes bedauern, dass es dieses Eis in Deutschland nicht gibt. Da haben wir dann aber auch schon einige verdrückt...

Als wir aus dem Laden kommen, will eine Fähre, von Balestrand drüben kommend, gerade anlegen. Natürlich müssen wir uns das anschauen. Wir bewundern die Präzision, mit welcher der Kapitän das Schiff erst am Kai vorbeimanövriert, um dann umzusteuern und fast auf den Zentimeter genau rückwärts anzulegen. Dabei berührt das Schiff nicht einmal die seitliche Kaimauer, obwohl man sieht, das auch das schon vorgekommen sein muss.

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Das Fährschiff Gulen fährt erst am Anlegekai vorbei, um dann umzusteuern und rückwärts anzulegen.
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Zwischen Kai und Schiff ist ein halber Meter Abstand, jetzt geht es rückwärts.
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Das Tor wird hydraulisch geöffnet.
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Mit der kleinen Kamera kann der Kapitän den Abstand zum Anlegekai sehen.
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Die Fähre hat problemlos angelegt.

Hinter dem Gebäude mit dem Laden geht eine Straße rechts ab. Hier geht es zum Fridtjov, sagt ein Schild. Oben auf dem Berg ist er auch schon zu sehen. Es gibt einen langen Weg für die Autos zum Parkplatz und einen kürzeren für die Fußgänger. Den wählen wir natürlich. Als wir den ansteigenden Weg ein Stück gewandert sind, haben wir freie Sicht auf den Hafen dort unten und die Fähre, die gerade wieder ablegt. Dann kommen wir an einer Plantage vorbei, die ein noch nicht gelöstes Rätsel erklärt, denn es handelt sich um eine Himbeer-Plantage, mit richtigen roten Himbeeren. Jetzt ist klar, was in der Fabrik am Hafen in die rötlichen Holzkisten verpackt wird - Himbeeren!

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Fridtjov steht da oben und wartet schon auf uns. Wir nehmen links den Fußgängerweg.
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Die Fähre ist mittlerweile beladen und legt schon wieder ab.
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Das Ablegen passiert in einem weiten Bogen.
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Schnell nimmt die Gulen Fahrt auf.

Wir wandern ein ganzes Stück an der Plantage entlang, der Weg macht einen weitgeschwungenen Bogen nach rechts. Dann erreichen wir einen Eisenzaun mit einer Tür, wir sind an der Statue. Es ist eine sehr gepflegte Anlage, mit schönem Rasen und einer Baumgruppe hinter Fridtjov. In gebührendem Abstand führt ein Weg um das Denkmal herum. Bronzeschilder weisen sowohl auf den Spender als auch auf die technischen Daten hin. Am Weg sind Bänke aufgestellt, wir machen eine kleine Rast und beobachten eine Gruppe einheimische Jugendliche, die mit ihren Betreuern das Denkmal erkunden. Dazu gehört auch ein Gruppenfoto auf dem Sockel, einige versuchen, bis zu Fridtjov hinaufzuklettern. Es herrscht lustiges Treiben, nur Fridtjov beachtet es nicht und schaut gespannt weiter in die Ferne.

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Imposant ist die Statue auf jeden Fall.
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Die Bronze-Tafel am Fuß der Statue weist den Spender aus.
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Hier in der Sonne lässt es sich aushalten.
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Von hier oben hat man einen schönen Blick nach Balestrand hinüber, Evi genießt lieber den Anblick von Fridtjov.
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Auspacken, wir machen hier oben eine kurze Rast.
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Blick in Richtung Südwest, in Richtung Vik. Man sieht schon von hier oben, das ein wenig Wind und damit Wellen aufgekommen sind.
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Die Fähre hat es fast bis nach Hella hinüber geschafft.
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Auf der Rückseite von Fridtjovs Sockel ist eine weitere Tafel mit den technischen Daten angebracht.

Während wir uns noch alles anschauen und die Aussicht bewundern, wandert die Jugendgruppe zum Hafen zurück. Und obwohl dafür noch einige andere Besucher eintreffen, ist es auf einmal merkwürdig still. Wir umrunden die Statue noch einmal und wandern dann auch den Weg zum Hafen hinunter. Man kann sagen, was man will, dieser Fridtjov beeindruckt einen schon, was durchaus auch an seiner Entstehungsgeschichte und seinem hohen Alter liegt. All das regt zum Nachdenken an, wenn man die Augen schließt (man sollte dabei lieber stehen bleiben), kann man mit ein wenig Phantasie den Rummel bei der Einweihung 1913 sehen, bei der Norwegen und die ganze restliche Welt wohl einen Moment lang nach Vangsnes geschaut hat...

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Auf dem Weg zurück zum Hafen fotografieren wir die kultivierten Himbeeren. Das hatten wir beim Aufstieg vergessen.

Im Hafen haben die Kinder, die mit einem Bus hier sind, den Laden entdeckt und gehen auch erst einmal einkaufen. Wir dagegen werden angelockt von einer weiteren Fähre, die gerade anlegt. Auch hier sehen wir ein blitzsauberes Anlegemanöver. An der Fähre vorbei, die sich gerade leert, gehen wir zu einem Imbissstand. Neben Pommes, von denen wir uns eine Portion leisten, gibt es auch eine vegetarische Besonderheit - eine Schale riesengroßer, dunkelroter Himbeeren. Die Plantage, auf der diese Beeren wahrscheinlich gepflückt werden, haben wir ja schon gesehen. Nun wollen wir auch probieren, wie sie schmecken und wir werden nicht enttäuscht. Damit ist auch ein eventuelles Transportproblem gelöst - es bleibt einfach nichts zum Transportieren übrig.

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Als wir unten ankommen, legt gerade die Sunnfjord an, alles ist wie bei der Gulen.
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Auch hier wird die Klappe geöffnet.
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Aber eine Kamera gibt es hier nicht, hier wird noch manuell geschaut.
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Mit dem Ausklappen der Auffahrrampe ist die Fähre verankert.
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Nur einen knappen Meter liegt das Schiff vom Kai entfernt.
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Das Beladen kann beginnen.
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Hier warten täglich viele Leute, da lohnt sich ein solcher Verkaufsstand.
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Erst gibt es Pommes, dann den Nachtisch - süße, wunderbar schmeckende Himbeeren.
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Das Fahren mit den Fähren ist für jeden Norweger Routine, die Sunnfjorden ist beladen und legt schon wieder ab.
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Mittagshimbeeren schmecken bei einer solchen Aussicht besonders gut.

Nach unserem kleinen Mittagessen wenden wir uns zurück zum Yachthafen. Unser Boot und unsere Ausrüstung sind noch da, nur die windstille, glatte Wasseroberfläche gibt es nicht mehr. Eine sanfte Brise sorgt für leichte Wellen. Auch an dieser Stelle stellen wir wieder den Unterschied zwischen dem Fjordverlauf bei Videdalen und bei Tveit fest.

Der Fjord ist an beiden Stellen mehrere Kilometer breit. Aber während er bei Vindedalen eine riesige Biegung von Nordwest nach Nordost macht und damit die südlich gelegene Vindedaler Bucht gegenüber der Hauptwindrichtung Südwest im Windschatten der Berge liegt, verläuft er bei Tveit etwa fünfzehn Kilometer gerade von Südwest nach Nordost. Der Wind trifft hier also aus der Hauptwindrichtung ungebremst auf eine mehrere Kilometer breite und lange Wasserfläche. Das hat zwei Folgen, zuerst, das auch ein leichter Hauch bereits Wellen von über einem halben Meter Höhe hervorruft und zweitens, dass die Änderungen der Wasseroberfläche fast schlagartig aufzutreten scheinen. Dies stellt man besonders dann fest, wenn schnell Wolken vor die Sonne ziehen oder diese von den Wolken plötzlich wieder freigegeben wird. Durch die Änderung der Wärmeeinstrahlung entstehen leichte Winde, die man sonst kaum wahrnimmt, die aber hier sofort zu deutlichen Wellen führen.

Evi hat erst einige Bedenken, ob wir mit dem Wind und den Wellen zurechtkommen. Es ist aber unkritisch, der Wind weht auflandig, treibt uns also im Zweifelsfall ans Ufer. Außerdem haben wir die Persenning aufgezogen, eigentlich, um die Sachen im Yachthafen besser verstauen zu können. Nun gibt sie uns zusätzliche Sicherheitsreserven. Nach einer Weile, der Yachthafen hinter uns wird immer kleiner, macht es Evi sogar Spaß.

Wir haben den Vorteil, das wir fast genau gegen den Wind paddeln und damit auch die Wellen von vorn haben. Außerdem ist das Boot jetzt besser beladen als bei meinen Solotouren, die Bordwand liegt tiefer im Wasser. Dadurch ist die Windempfindlichkeit deutlich geringer. Trotzdem geht es langsamer als bei der Hinfahrt und es ist auch deutlich anstrengender. Es dauert aber nicht lange, da haben wir den Bogen raus, wie man paddeln sollte, an welcher Stelle man das Paddel ansetzen und durchziehen muss. Schließlich fühlt Evi sich so sicher, das sie sogar den Fotoapparat aus dem Seesack holt und ein paar Aufnahmen macht.

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Als wir aus dem geschützten Yachthafen in Richtung Vik auf den Fjord hinauspaddeln, bekommen wir leichten Gegenwind und Wellen.
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Es ist anstrengender zu Paddeln als auf der Hinfahrt, aber es macht auch Spaß.
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Jeder Meter Ufer gehört zu einem Grundstück, es gibt sehr schöne Villen.

Wir sind nach fünfzehn Uhr zurück. Beim Näherkommen werden wir von den Betonklotz-Anglern schon vom weitem begrüßt. Das Boot lassen wir am Strand, nach den zweieinhalb Stunden anstrengender Paddelei zurück zum Zeltplatz haben wir uns erst mal einen Kaffee verdient. Anschließend fährt Evi nach Vik einkaufen, ich versuche vom Boot aus zu angeln. Es geht, da der Wind mittlerweile fast parallel zum Ufer weht. So treibt es mich innerhalb einer guten halben Stunde bis zum Ende unserer Bucht, dann muss ich eben jedes Mal wieder zurückpaddeln.

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Evi kauft im Coop Vik ein - für immerhin rund 30 €.

Dieses Spiel mache ich viermal und ich habe bisher nichts gefangen, da taucht Evi am Ufer auf. Sie hatte beschlossen, nach ihrer Rückkehr aus Vik den verbleibenden Nachmittag als "Waschtag" zu nutzen. Allerdings braucht sie nun Hilfe. Wir schaffen das Boot zum Zelt, dann schaue ich mir die norwegische Waschmaschine an, die gemeinsam mit einem separaten Trockner im Raum an der Rückseite des Rezeptionsgebäudes untergebracht ist. Diese schon etwas ältere Riesenmaschine ist mehrsprachig beschriftet, aber das hilft nichts, weder in deutsch noch in englisch steht da, wie sie wirklich zu bedienen ist. Es ist nur beschrieben, wie man sie in Gang setzt, und das hat ja auch geklappt.

Jetzt aber wäscht sie emotionslos unsere Sachen, schon sehr lange, wie Evi findet und reagiert nicht auf unsere Kommunikationsversuche via Tasten. Wir erwägen einige Maßnahmen, beispielsweise die Stromzufuhr zu unterbrechen, verwerfen das alles aber und das ist auch gut so. Nach eigenen, nirgendwo erkennbaren oder aufgeschriebenen Regeln ändert die Maschine ihr Verhalten und geht zum Spülen und zum Schleudergang über. Auf dieses Lebenszeichen hin sind wir beruhigt und nehmen uns vor, Geduld mit ihr zu haben.

Als wir zum Zelt zurückkommen, sind die Profi-Angler zurück. Wieder liegt ein etwa einhundertzwanzig Zentimeter großer Fisch neben der mit kleineren Fischen gefüllten Kiste vor dem Wohnwagen. Er hat eine ähnliche Form wie der Steinbeißer gestern, auch eine durchgehende lange Rückenflosse, aber nicht so einen überdimensionalen Kopf. Evi erfährt auf ihre Frage hin, das es sich um einen Leng handelt, den begehrtesten Speisefisch im Fjord.

Da auf dem Betonsteg reger Betrieb herrscht, gesellen wir uns dazu, unterhalten uns und angeln nebenbei. Allerdings ist heute in Sachen Fisch nichts los, keiner fängt etwas. Nach einer halben Stunde kommt Evi, der die Sache mit der Waschmaschine keine Ruhe gelassen hat, mit einer frohen Kunde zurück. Die Wäsche ist jetzt im Trockner, nachdem die sture Waschmaschine ihr Programm doch noch beendet hat.

Als es anfängt zu dämmern, verabschieden wir uns von den anderen und bereiten uns gemeinsam unser Abendbrot zu. Heute gibt es Reis mit chinesischem Gemüse. Beim Einschlafen muss ich an Fridtjov den Verwegenen denken, der seit neunzig Jahren bei jedem Wetter da draußen steht und nicht so ein gemütliches Zelt hat wie wir.

 

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Paddeltour nach Vangsnes - Besuch bei Fridtjov
13. Urlaubstag - Donnerstag, 28.08.2003
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