Paddeltour nach Vik
16. Urlaubstag - Sonntag, 31.08.2003

Nach dem Großwandertag gestern geht heute vor halb neun gar nichts. Das Duschen hat gut getan, beim Frühstück dreht sich alles um die Frage, wie manchen wir weiter? Bleiben wir noch in Vik oder fahren wir nach Fagernes? Wenn ja, welche Route? Heute ist erst einmal Sonntag, heute bleiben wir noch hier. Morgen werden wir nach Fagernes fahren, dort bis Freitag früh bleiben und dann zur Fähre starten, die wir bis Sonnabend früh acht Uhr erreichen müssen. Wir holen nach dem Essen die Karten raus und schauen uns die möglichen Fahrtrouten bis Fagernes an. Wir sind noch nicht sicher, wie wir fahren, aber das hat Zeit bis morgen. Heute bleiben wir erst einmal hier.

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Es ist fast windstill, das muss man nutzen, um zu angeln.

Das Wetter ist schön, aus Richtung Vik weht ein winziges Lüftchen, das Wasser ist fast glatt. Evi will noch etwas Wäsche waschen und den Zeltplatz bezahlen. Ich werde nicht gebraucht und fahre ein wenig angeln. Seit zwei Tagen ist der Wasserstand im Fjord niedriger als vorher, am Betonklotz kann man das schön sehen. Der Flutpegel liegt einen Meter tiefer als in den glorreichen Tagen, in denen ich die Meerforelle fing. Seit der Veränderung des Wasserstandes hat keiner, egal ob auf dem Betonklotz oder auf dem Wasser davor, etwas gefangen. So ist das auch heute. Also habe ich nach einer Stunde die Bewegung an frischer Luft satt und paddle zum Ufer zurück.

Wir machen gemeinsam Mittag aus der Büchse und trinken noch einen Tee. Dann beschließen wir, zu Ehren des heutigen Sonntags eine Paddeltour zum nur sieben Kilometer entfernten Vik zu machen. Ich schlage vor, trotz des schönen Wetters die Spritzdecke mitzunehmen. Es ist etwa dreizehn Uhr, als wir an unserem Strand ein Stück hinaus paddeln und auf Vik zu drehen. Wir haben leichten Gegenwind, aber wir kommen gut voran.

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Heute ist Sonntag, machen wir einen Stadtbesuch in Vik - mit dem Boot.

Von unserem Zeltplatz bis nach Vik ist die Uferlinie eher gerade, nicht in Buchten gegliedert. Wir brauchen fast eine Stunde, bis wir den Zeltplatz Djuvik Camping erreichen. Ab und zu sehen wir auch andere Boote, meist sitzen Angler darin. Nach einer weiteren Stunde Paddelns kommen wir an die Bucht, den Arm des Fjordes, an dessen Ende Vik liegt. Hier treffen wir einen der Profi-Angler von unserem Zeltplatz, er grüßt freundlich. Auch er angelt natürlich, er hat ein großes Schlauchboot mit einem leistungsstarken Außenborder. Wir wünschen uns gegenseitig viel Erfolg, und ich sage ihm noch, dass bei unserer Rückfahrt alles leichter wird und wir nicht so schwitzen werden, weil wir dann Rückenwind haben.

Dann geht es weiter, es sind nur noch zwei Kilometer parallel zur Straße an der Steilküste entlang. Auch um Vik herum ist das Ufer entweder bebaut oder umzäunt wie fast überall am Fjord, wo das Wasser an eine waagerechte Fläche grenzt. Wir paddeln zum Scheitelpunkt der Bucht, links liegen eine Fabrik und eine Werft. Daran schließt sich neben der Information eine Art Kleinboothafen an, weiter rechts kommt der Fährhafen, noch weiter hinten dann der Yachthafen von Vik.

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Der Fjord liegt ruhig vor uns.
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Links von uns ist die Steilküste zu sehen, oben verläuft die Straße nach Vik. Außer einigen Anglern ist nicht viel los auf dem Fjord.

Es ist kein Problem, im Hafen an der Information anzulanden und auszusteigen. Das Boot verstauen wir auf der Wiese an der Seite, dank der Persenning müssen wir auch die Paddel nicht mitnehmen. Wir tauschen noch die Paddelschuhe gegen unsere Stadtschuhe, immerhin ist Sonntag, dann kann es losgehen. Zuerst wandern wir zum Fährhafen. Hier gibt es am Fährhafen - Parkplatz eine Kioskverkaufstelle und gegenüber ein Cafe. Es ist halb fünf, gönnen wir uns doch heute einen Sonntag - Nachmittag - Kaffee.

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Wir legen mitten in der Stadt neben der Information an.
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Die Schuhe sind umgezogen, das Gepäck und die Paddel verstaut, es kann losgehen.

Er schmeckt gut, wir haben uns jeder auch noch ein Stück Kuchen dazu gekauft. Wie Evi dann feststellt, schließt das Cafe schon um Fünf. Für eine zweite Tasse Kaffee in aller Ruhe reicht es aber noch. Schon während wir im Cafe sitzen, beobachten wir die Dorfjugend draußen. Sie hat zum Sonntagnachmittag eine eigentümliche Beschäftigung. In einem Auto sitzen immer drei bis vier Jugendliche, Männlein und Weiblein gemischt, vom Alter her so um die zwanzig Jahre alt. Ein Mercedes, ein BMW, ein Volvo, ein Ford und noch ein paar andere sind dabei. Die Fahrer "treffen" sich mit ihren Autos auf dem Parkplatz gegenüber dem Cafe. Dort unterhalten sie sich meist kurz von Auto zu Auto, dann fahren sie wieder eine Runde durch den Ort, um anschließend zum Parkplatz zurückzukommen. Ist das nun Protzen, Promenieren oder einfach nur Langeweile?

Jedenfalls ist Sonntagnachmittag in Vik mehr los als in der Hauptverkehrszeit in der Woche, da ja auch noch andere Fahrzeuge unterwegs sind. Wir finden das jedenfalls irgendwie lustig. Dann gehen wir erst einmal in den Kiosk gegenüber. Hier gibt es alles Mögliche. Aber wir kaufen nur - na klar - Hennig Olsen Eiskrem. Die verdrücken wir auf einer der Holzbänke am Kiosk und schauen vom Freisitz aus den Jugendlichen zu, als auf dem Fjord hinter uns ein nagelndes Knattern zu hören ist. Wir haben dieses Geräusch schon einige Male gehört, seit wir hier in Vik sind. Es gehört zu einer Fähre, die ab und zu mit einer affenartigen Geschwindigkeit auf der anderen Seite des Fjordes unterwegs ist. Jetzt haben wir die Chance, diese Schnellfähre einmal von Nahem zu sehen.

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Die Schnellfähre, die wir bereits mehrmals auf dem Fjord in der Ferne gesehen haben, hat angelegt.
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Es handelt sich um ein Katamaranschiff, es hat zwei Rümpfe. Es werden Fußgänger und Fahrradfahrer mitgenommen.

Es handelt sich um eine Katamaran-Fähre mit einem Doppelrumpf. Sie ist sehr stromlinienförmig und sie legt im Fährhafen hinter uns an. Einige Leute steigen aus, andere, auch welche mit Fahrrädern, steigen zu. So wie es die Fähre auf dem Wasser immer eilig zu haben scheint, genauso wirkt auch das Be- und Entladen. Wenige Minuten nach dem Anlegen legt sie auch schon wieder ab. Sie fährt ein Stück rückwärts, dreht langsam und dann wird das einem Dieselmotor ähnliche "Nagel" - Geräusch lauter. Sie nimmt Fahrt auf, hebt den Bug beider Rümpfe aus dem Wasser und ist wenige Minuten später um den Vorsprung der Bucht verschwunden. Bis dorthin sind es immerhin anderthalb Kilometer.

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Die ganze Form der Fähre ist auf Geschwindigkeit getrimmt.
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Evi bleibt lieber bei ihrem Eis.
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So wie sie über den Fjord rast, so schnell legt sie auch nach höchstens zehn Minuten wieder ab, man hat das Gefühl von fortwährender Eile.
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Es wird zügig gewendet.
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Dann wird beschleunigt.
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Nach kurzer Zeit hat die Fähre ein hohes Tempo. Wenn sie sich mit dem charakteristischen Geräusch eines überdimensionalen Dieselmotors über den Fjord bewegt, dann ist sie auch aus vielen Kilometern Entfernung unverwechselbar.

Mittlerweile ist aber auch unser Eis alle, wir spazieren noch ein wenig durch die Stadt. So kommen wir an der Galerie des Künstlers Johnnie Jacobsen vorbei, der Weihnachtsmotive malt, leider hat sie geschlossen. Die Stadt Vik ist, ähnlich wie Lærdal und Balestrand, eine typische norwegische Kleinstadt, in welcher der Tourismus oder der Handel eine Rolle spielen. Vorherrschend sind Einfamilienhäuser mit einem kleinen Grundstück, meist sind es Blockhäuser, wenn auch oft verkleidet. Es gibt einen "Stadtkern" mit Einkaufsmöglichkeiten, mindestens eine Tankstelle und eine Touristen-Information. Am Rande liegen jeweils einige landwirtschaftliche und gewerbliche Betriebe. Dazu kommen ein Yacht- und ein Fährhafen, einige zentrale Gebäude wie das Rathaus und die Kirche. Auch ein Hotel und eine Gaststätte sind in jedem dieser Orte zu finden.

Nachdem wir uns einiges angesehen haben, gehen wir zum Hafen zurück. Wir ziehen uns um, schlüpfen in unsere Paddelschuhe und machen das Boot startklar. Auf den Fjord achten wir dabei nicht weiter. Es geht auf Ebbe zu, der Wasserstand ist gesunken, wir klettern über rutschige, glitschige Tangberge, die auf der Schräge liegen und steigen mit Mühe ins Boot. Jetzt stellen wir fest, dass es ziemlich schwankt. Als wir lospaddeln und um die Betonmauer des geschützten Hafens biegen, haben wir auf einmal große Wellen vor uns, zwischen einem halben und einen Meter hoch. Der erste Impuls ist - rumdrehen, zurück! Wir haben aber schon alle Hände voll zu tun, um nicht gegen das Ufer oder den Kai getrieben zu werden, rumdrehen ist gar nicht so einfach.

Evi, die vorn sitzt, kriegt zuerst fast einen Schreikrampf, immerhin wird sie mit dem Boot ab und zu von einer Welle bis zu einem Meter aus dem Wasser gehoben, um dann auf der anderen Seite der Welle wieder nach unten zu sausen. Ich versuche die Situation einzuschätzen - der Wind hat sich gedreht, wir haben das in der Stadt nicht bemerkt. Es muss sehr schnell gegangen sein, denn als wir der Schnellfähre zugeschaut haben, war der Fjord noch ruhig. Jetzt kommt uns aus Nord-Ost über den viele Kilometer langen Fjord ein ziemlich starker Wind ungebremst entgegen und verursacht Wellen bis zu einem Meter Höhe, aber es sind lange Wellen, die direkt auf uns zu kommen und praktisch fast parallel zum Steilufer laufen. Im Falle eines Kenterns würden sie uns im spitzen Winkel in Richtung Ufer treiben. Wir sind - Gott sei Dank - mit der Persenning ausgerüstet. Das erhöht die Sicherheit beträchtlich.

Die Gefahr ist also nicht so groß, als wie es auf den ersten Blick aussieht, aber mittlerweile sind wir schon ein ganzes Stück bis vor die Werft getrieben. Also heißt es erst einmal, Evi zu beruhigen und dann paddeln, paddeln, paddeln. Wir verständigen uns, dass wir es auf dem Wasserweg versuchen wollen. Immer eng an der Steilküste entlang. Diese ist hier so beschaffen, das man zur Not immer aus dem Wasser kommt, wenn man auch das Boot zurücklassen muss. Wir haben ja auch noch die Schwimmwesten an, wir sind bisher nicht ein einziges Mal ohne sie gepaddelt. Wir paddeln nahe dem Ufer, halten aber soviel Abstand, dass uns auch eine größere Welle nicht gegen das Ufer werfen kann. Je weiter wir in Richtung des offenen Fjords kommen, umso höher werden die Wellen. Auch der Wind wird noch etwas stärker. Evi und ich paddeln sehr konzentriert. Ich habe alle Hände voll zu tun, das Boot im rechten Winkel zu den Wellen zu halten. Wie wir schon letztens gelernt haben, stechen wir mit dem Paddel möglichst oben in die Welle und drücken uns voran. Es geht zwar ständig hoch und runter, aber wir kommen ganz gut vorwärts.

Nach einer Weile haben wir uns ein wenig an das Paddeln unter diesen Bedingungen gewöhnt. Es ist sehr anstrengend, aber wir sind ruhiger geworden, steuern die Wellen im richtigen Winkel an. Wir haben nun den offenen Fjord erreicht, der Wind scheint immer stärker zu werden. Evi sagt mir, dass ihr Arm zu schmerzen anfängt, was bei der Belastung ja auch gar kein Wunder ist. Nach etwa vier Kilometern angestrengten Paddelns erreichen wir Goteviki, das ist von Vik aus die erste Stelle, an der das Ufer ein Anlegen möglich macht, was wir auch sofort tun.

Es handelt sich um ein kleines Stück steinigen Strandes zwischen zwei größeren Felsen, wir müssen bei diesem Wellengang ganz schön zielen. Evi springt in Richtung Fjord aus dem Boot. Das ist an sich richtig, so kann sie nicht zwischen Boot und größeren Steinen am Ufer eingequetscht werden, wenn eine Welle kommen sollte. Aber auf der Seite, auf der sie rausspringt, ist das Wasser natürlich tiefer, eine Welle und sie ist bis zum Hosenboden nass. Mir geht es nicht viel besser. Wir tragen schnell das Ally ans Ufer und brauchen eine Pause. Zehn Minuten stehen wir nur da und erholen uns erst einmal. Dann beraten wir, was nun zu tun ist. Ein Abflauen des Windes und damit der Wellen ist nicht zu erkennen. Hier in den nassen Klamotten lange zu bleiben ist auch nicht sinnvoll. Also nehmen wir das Boot und wandern über eine Wiese zur Straße, denn bekanntlich wärmt Bewegung. Auch diese Wiese ist Privatbesitz und eingezäunt. Aber oben ist eine kleine Tür im Zaun, so kommen wir auf die Straße.

Das Boot ist nur um die zwanzig Kilogramm schwer, aber wenn man es eine Straße entlang trägt, werden schnell die Arme lang. So müssen wir öfters stehen bleiben, um den Tragarm zu wechseln. Die meisten Autofahrer schauen ein wenig komisch, wenn sie uns mit dem fünf Meter langen Boot sehen. Die Straße verläuft ein Stück vom Fjord entfernt, zwischen ihr und dem Wasser sind lückenlos Grundstücke. Dann kommen wir zum Djuvik - Zeltplatz. Hier könnten wir ans Wasser gelangen, aber der Wind weht nach wie vor sehr stark und wir können auf dem Fjord keine Veränderung sehen. Also wandern wir weiter. Es sind knapp drei Kilometer, mit dem ständig schwerer werdenden Boot brauchen wir fast eine Stunde.

Aber als wir dann auf den Zeltplatz in Tveit zuwandern, hat der Wind nachgelassen, die Wasseroberfläche hat sich schon wieder etwas beruhigt. So schnell, wie der Wind gekommen war, so schnell war er auch zu Ende. Ich wäre nun lieber zum Zeltplatz gepaddelt, statt mit dem Boot auf der Schulter von der Straße zu kommen. Aber es gibt keine Möglichkeit, ans Wasser zu kommen. So nehme ich die "Blamage" wie ein Mann und wir marschieren zu unserem Zelt. Als erstes kochen wir uns einen Kaffee. Eine Weile später kommt der Profi-Angler aus dem Schlauchboot vorbei.

Sofort entspinnt sich die Unterhaltung. Er sagt uns, dass er sich nach uns umgesehen hat, aber uns nicht entdecken konnte, als der Wind plötzlich losging. Er hatte vermutet, das wir in Vik geblieben wären. Wir erzählen ihm die Geschichte, wie wir teils paddelnd, teils wandernd Tveit erreicht haben. Er bestätigt uns, dass der Wind fast schlagartig aufkam, ohne Vorwarnung, und dass die Wellen so hoch waren, dass er mit dem Schlauchboot auch Probleme bekommen hat, weil es immer wieder vorn aus dem Wasser abgehoben sei. Um nicht zu kentern, konnte er nur sehr langsam fahren. Er sagt auch, dass die Wellenhöhe noch nicht gefährlich war. Er ist aber meiner Meinung, dass es gefährlich werden kann, wenn der vordere Paddler wegen Schmerzen ausfällt. Bei dieser Windstärke schafft es der Hintere alleine nicht, zu steuern und genügend Vortrieb zu erzeugen. Die Folge wäre, dass man an den Strand gespült wird. Also war der Weg über die Straße auf jeden Fall der vernünftigere.

Dann erzählt er uns eine Geschichte, wie er im Frühjahr mit seinem Schlauchboot bei nicht ganz so starkem Wind wie heute vor dem Yachthafen in Vangnes geangelt hat. Dort stehen Stangen im Wasser, an denen man sich festmachen kann und dann bei dem Wind nicht wegtreibt. Wir waren ja selbst dort und haben auch die Stangen gesehen. Dann seien zwei Herren mit einem kleinen Segelboot aus dem Hafen ausgelaufen. Er habe sich noch gedacht, ob das bei dem Wind gut geht? Das müssen ja Profis sein, wenn sie bei diesem Wetter hinausfahren. Bei dem hohen Wellengang zu angeln erforderte seine ganze Aufmerksamkeit, nach einer Weile hätte er aber doch geschaut, wo das Segelboot ist, es aber nirgends sehen können. Da habe er das Schlauchboot losgemacht und sei in die Richtung gefahren, die der Segler eingeschlagen hatte. Und nach einer Weile habe er sie gesehen, als ihn eine Welle gerade hochgehoben hatte.

Sie waren gekentert, das Segel lag auf dem Wasser und sie waren nicht in der Lage, es wieder aufzurichten. Beide schwammen im Wasser neben dem Boot und hielten sich daran fest. Da eine Weile vergangen war, bis er sie gefunden hatte, waren sie schon fast zehn Minuten im Wasser. Klingt nicht viel, das Wasser hatte aber im Frühjahr nur sechs Grad! So habe er sie als erstes beruhigt. "Das wird scho", dann habe er sie schleunigst ins Schlauchboot gezogen und schnellstens ans Ufer gebracht. Es hätte sich herausgestellt, dass es sich um einen sechzigjährigen Bayern und einen fünfundsiebzigjährigen Österreicher gehandelt habe. Sie hatten beide Bergschuhe! an und waren damit kaum schwimmfähig gewesen. Der ältere hätte schon Sprachstörungen als erste Anzeichen von Unterkühlung gehabt. Sie wohnten in der Pension am Fährhafen Vangsnes, über dem Laden. Beide hätten noch einmal Glück gehabt, auch das Boot sei geborgen worden. Es sei aber äußerst knapp gewesen und ein paar Minuten später wären die beiden wohl durch die Kälte bewusstlos geworden und ertrunken.

Am nächsten Tag hätte ihm ein norwegischer Freund die Schlagzeile in der lokalen Zeitung übersetzt, die hieß: "Deutscher mit schnellem Schlauboot rettet zwei Segler vor dem Ertrinken". Ja, mit dem Fjord sei nicht zu spaßen. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile weiter, er gibt uns noch einige Tipps. Als er hört, dass wir morgen abreisen, wünscht er uns viel Glück und gute Reise.

Langsam bin auch ich der Meinung, dass es wohl doch keine Blamage war, den sicheren Weg zu gehen und das Boot zu tragen. Da es der letzte Abend ist, unser niederländischer Freund und der ältere Herr sich auf dem Betonklotz zum Angeln eingefunden haben, gehen auch wir zum Abschiedsangeln. Der Niederländer und seine Frau, die eine Stunde nach uns kamen, wollen auch morgen abreisen, der ältere Herr bleibt noch eine Weile. So angeln wir und unterhalten uns ein wenig, als die Dämmerung beginnt, gehen wir zum Zelt. Wir kochen uns Kartoffelsuppe aus der Tüte, dazu jeder eine Tasse Tee. Dann schauen wir noch eine Weile aus dem Zelt über den jetzt friedlichen Fjord nach Balestrand hinüber, wo alles hell erleuchtet ist. Morgen ziehen wir weiter - heute ist Nachtruhe.

 

 15.Tag 
Paddeltour nach Vik
16. Urlaubstag - Sonntag, 31.08.2003
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