Paddeltour auf dem Strandefjorden
20. Urlaubstag - Donnerstag, 4.9.2003

Es ist der letzte echte Urlaubstag, wir schlafen aus und stehen halb zehn auf. Dann ist erst mal alles wie immer, Duschen und frühstücken. Wir sitzen im Zelt, es ist noch leicht kühl, aber das Wetter ist wunderschön. Die Sonne scheint und es ist nur leicht bewölkt. Jetzt siehen das Tal und der Strandefjorden wieder so aus, wie wir es auf der Herfahrt erlebt haben.

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Ein paar NOK sollte man einstecken haben, wenn man quer durch Norwegen fahren will.

Halb elf fahren wir nach Fagernes, um Geld abzuheben und zu tanken. An der Shell-Tankstelle wäre es fast zu einer ernsthaften Panne gekommen. Wir fahren an die Tanksäule und ich will wie immer 98er (bei uns Super Plus) tanken. Als ich die Tankpistole nehme, wundere ich mich glücklicherweise. Es ist angezeigt, dass es hier die drei Sorten 93er (Normal), 95er (Super) und eben 98er gibt. Die Sorte wählt man durch Knopfdruck, es gibt nur eine Pistole pro Tanksäule. Nur ist die 98 an dieser Säule im Gegensatz den anderen Zahlen nicht grün. Ich bin unsicher, also hänge ich die Pistole zurück und gehe lieber den Tankwart fragen.

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Einkaufen muss sein, aber man beachte: bis hierher hatten unsere mitgebrachten Filme gereicht, jetzt kosten uns 3x200/36 = 149 NOK = 18 €.

Gott sei Dank, denn dort erhalte ich tatsächlich die Auskunft, dass aus dieser Zapfpistole sowohl verbleiter (98er) als auch unverbleiter (93er und 95er) Kraftstoff fließt. Damit ist auch die Sicherung, das die "Bleifrei - Tankstutzen" einen kleineren Rohrdurchmesser haben und damit die "verbleiten Pistolen" sich gar nicht einführen lassen, außer Kraft. Wenn ich nicht im letzten Moment noch gezögert hätte, wäre der Tank nun voll verbleiten Sprit, mit all den unangenehmen Folgen. So atme ich nach dem Motto: "Noch mal gut gegangen" tief durch und fahre an eine andere Zapfsäule.

Wie ich dann später bemerken konnte, hat sich mein Verhältnis zu Tankstellen durch dieses Erlebnis geändert. Bisher bin ich immer relativ sorglos an die Säule gefahren, an die heimatlich bekannten ja sowieso, und habe mich darauf verlassen, das alles so ist wie immer (es gibt da den herrlichen Begriff "europaweit genormt"). Jetzt bin ich misstrauischer und vorsichtiger, und schaue lieber zweimal. Wir sind viel unterwegs und ich habe so etwas erst einmal, eben hier in Fagernes gesehen, aber wer weiß, anderswo hat man vielleicht noch andere schicke Ideen?

Nach dem Tanken geht es noch zum Mini - Preis - Markt, denn wir brauchen noch Brot, Filme und - natürlich - Hennig Olsen Eis. Wir sitzen gemütlich im Auto und genießen die Eiskrem, dabei schauen wir dem Stadttreiben zu. Wir sind uns einig, dass es eine gute Idee war, die Filme fürs Fotografieren von zu Hause mitzubringen. Aber wir waren ja vorgewarnt durch mein Brüderchen. Wir haben hier keine Verkaufstelle gefunden, an der ein Film wenigstens nur den doppelten Preis gegenüber zu Hause gehabt hätte. Aber drei 36er/200 Filme im preissparenden Dreierpack für achtzehn Euro - kein Problem. Nun, gegen Ende des Urlaubs waren die veranschlagten fünfzehn Filme dann doch alle, wir mussten nachkaufen, bis zurück nach Deutschland sollten es insgesamt neunzehn werden.

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Herrliches Wetter, kaum Wind, das Boot ist bereit - wir sind's auch!
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Auch bei dieser Fahrt verzichten wir keinesfalls auf die Schwimmwesten, denn selbst dieser See ist stellenweise um die 350 Meter tief.

Doch nun wollen wir den letzten Tag noch nutzen, um eine kleine Paddeltour zu machen. Wir fahren zurück nach Strand und um zwölf kann es losgehen. Wir paddeln in nördlicher Richtung, mit leichtem Gegenwind, der hier nicht so hohe Wellen wie auf dem Fjord erzeugt. Die leichte Bewölkung beginnt sich zu verziehen, es gibt nach und nach Sonne pur. Der Strandefjorden und der Slidrefjorden sehen aus wie eine Reihe aneinander gereihte Buchten. An den breiten Stellen sind die Seen immerhin über einen Kilometer breit.

Wir fahren am rechten Ufer, an dem auch die E16 verläuft, entlang und folgen dem Uferverlauf in Richtung Slidrefjorden. Die Aussicht vom Wasser aus ist herrlich. Nach ein paar Kilometern kommen wir an den ersten Zeltplatz, den wir bei der Herfahrt an der E16 gefunden hatten. Wir legen eine kleine Pause ein, d.h. wir legen am Steg kurz an. Auch von hier unten am Ufer hört und sieht man die Autos auf der E16. Es herrscht reges Treiben auf dem Platz, bei den meisten Dauercampern steht wohl die Winterfestmachung an.

Wir stechen wieder in See und paddeln weiter in Richtung Røn. In der Ferne ist die Straßenbrücke zu sehen, über die wir bei der Zeltplatzsuche auf die E16 gelangt sind. Der Wind hat ein wenig aufgefrischt, die Wellen erreichen einen halben Meter und das Paddeln wird anstrengender. Wir sind jetzt gut zwei Stunden unterwegs, also beschließen wir, auf der anderen Seite des Sees zurück zu paddeln. Wir kommen nach einiger Zeit wieder am Zeltplatz vorbei, diesmal sind wir weit entfernt auf der anderen Seite des Sees.

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Um diesen Vorsprung sind wir gerade gepaddelt, ich fotografiere nach hinten. Wir befinden uns jetzt in einer riesigen Bucht.
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Am anderen Ende der Bucht ist der nächste Zeltplatz an der E16, der uns zu offen war. Wir haben schon einige Kilometer Paddeln hinter uns.
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Mittlerweile ist mehr Wind aufgekommen. Im Hintergrund sieht man die Brücke bei Ulnes, in der Ferne sehr schön den Jountheimen Nasionalpark. Die E16 verläuft hier ein Stück vom Wasser entfernt. Am anderen Ufer liegt der Ort Steinde, wir wenden und fahren zurück.
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Wir paddeln am anderen Ufer zurück und sehen jetzt den "offenen" Zeltplatz aus der Ferne. Mit Rückenwind geht es nun leichter.
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Der Ort Rye gegenüber dem Zeltplatz besteht nur aus ein paar Häusern.

Nach einer ganzen Weile paddeln wir auf eine Insel zu, die wir vorhin nur von weitem gesehen haben. Wir kommen jetzt gut voran, den Wind haben wir direkt im Rücken. Natürlich fahren wir zwischen Insel und Ufer hindurch, aber wir müssen dabei ziemlich aufpassen, weil es hier nicht sehr tief ist und der Grund aus einem "Steinteppich" besteht. Die kleine Insel ist "naturbelassen" und dicht mit Bäumen bewachsen.

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Wir sind wieder in der großen "Bucht". Ganz weit vorn liegt eine kleine Insel.
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Wir nähern uns nun der Insel, natürlich fahren wir auf der rechten Seite vorbei.
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Zwischen Land und Insel existiert eine ziemliche Strömung und es ist flach. Aber wir haben trotzdem keine Probleme mit der Durchfahrt.
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Nach der Landzunge sind wir wieder am Zeltplatz Stranda.
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Auch unser Auto und unser Zelt stehen noch da.
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Im Schutz der Landzunge sind weniger Wellen, das Anlegen ist kein Problem.

Einige Zeit später haben wir "unseren" Teil des Sees erreicht und paddeln hinüber in Richtung unseres Zelt- oder besser Hüttenplatzes. Es ist gegen sechzehn Uhr, leider müssen wir noch packen, denn morgen geht es los in Richtung Heimat. Aber es gibt erst mal einen Kaffee und im Anschluss holen wir das Mittagessen nach, wir kochen Reis. Das Paddeln hat hungrig gemacht. Jetzt ist gar keine Wolke mehr am Himmel, es ist ein herrlicher Sommertag, es ist richtig warm geworden. Nach dem Essen sonnen wir uns ein wenig. Dabei packe ich schon mal das Angelzeug zusammen und Evi optimiert ihre Küche, die aus den zwei Fässern besteht. Nach und nach liegt unser ganzes Gepäck um Auto, Zelt und Decke verstreut.

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In der schönen Sonne geht es ans Einpacken.
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Willi beim Kaffeekochen, in der Wärme schläft man ja sonst ein - das Auseinandernehmen, Desinfizieren und Säubern des Bootes ist anstrengend.

Das Boot muss sowieso zuerst im Auto verstaut werden, also nehme ich es auseinander und wir reinigen es gründlich. Dies hatten wir auch schon beim Einpacken am Sognefjorden so gehalten, die Darstellung im Lachs-Museum in Lærdal hat uns doch zu denken gegeben. Das Ally, das uns so zuverlässig begleitet hat, ist pflegeleicht. Die Außenhaut und die Innenmatte aus Schaumstoff, die es unsinkbar macht, brauchen bloß von Zeit zu Zeit abgewischt werden. Das Alugestänge wischen wir auch mit Reiniger ab, um es zu desinfizieren. Die Alu - Steckhülsen, die ähnlich wie bei einem Zelt aufgebaut sind, bekommen etwas Silicon-Öl, damit sie besser gleiten. Dann wird alles getrocknet, was in der Sonne schnell geht, das Alugestänge wird zusammengelegt und alles verstaut.

Nun, nachdem das Boot an seinem Platz ist, können wir mit dem Beladen anfangen und nach und nach wird es wieder ordentlicher um unser Zelt herum. Gegen neunzehn Uhr haben wir es geschafft, Evi ist zufrieden und wir sind soweit reisefertig.

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Die Bodenmatte unseres Ally muss noch trocknen, der Rest ist weitgehend verstaut.
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Jetzt sind die restlichen Sachen dran, Evi optimiert die Ausrüstung.
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Aber erst einmal brauchen wir was zum Kaffeetrinken, es sind noch ein paar deutsche Kekse da.
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Jetzt noch den Kaffee zur Decke tragen - Fertig !
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Gardstun ist eine Hofanlage, da kann schon mal ein Trecker die Fahrbahn queren.
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So also sieht so ein sagenhafter Elch aus! Würde sich wirklich ein Elch über die E16 getrauen, um im Strandefjorden baden zu gehen?

Ich schlage vor, dass wir uns nun noch die Kirche ansehen, die auf dem Grundstück neben dem Zeltplatz steht. Es handelt sich um eine "normale" Kirche. Ach ja, das hatte ich bisher noch gar nicht erwähnt, auf der vom Ufer des Sees aus linken Seite grenzt ein Kirchengrundstück mit dem unvermeidlichen Friedhof drum herum an unseren Platz, auf der rechten Seite ein naturbelassenes Anwesen, in dessen Mitte man ein Haus ahnt.

Also ziehen wir uns für die Besichtigung angemessen an und gehen los. Wir müssen vor zur Straße und dann ein Grundstück weiter. Zwischendrin steht ein Schild, natürlich mit der Warnung vor den hier gehäuft auftretenden Elchen, eine seltsame Art der Touristenwerbung und darüber ein Achtungsschild mit dem Zusatzvermerk "Gardstun". Ich habe mich kundig gemacht, Gardstun bedeutet soviel wie "Hofanlage". Das Schild warnt also davor, dass die Straße durch eine Hofanlage führt. Und auf so einem landwirtschaftlichen Hof gibt es ja Treckerverkehr und Viehtrieb und anderes, es heißt also für die Autofahrer Gas weg und schauen. Als wir uns dem Grundstück mit dem Friedhof nähern, sehen wir die vielen Autos auf dem kleinen Parkplatz davor und die Menschengruppe an einem Grab, es erscheint uns unpassend, während einer Beerdigung die Kirche zu besichtigen und wir drehen deshalb um. Wir wollen es lieber morgen früh noch einmal probieren. Dafür treffen wir dann vor dem Haus der Zeltplatz-Chefin ihre zwei niedlichen kleinen Katzen, vielleicht war ja eine davon letztens in der Nacht in unserem Vorzelt?

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Die zwei Kätzchen unserer Wirtin sind niedlich, leider aber sehr scheu. Nähert man sich dem Eingang, an dem sie sitzen, sind sie gleich verschwunden.

Als wir zum Zelt zurückkommen, wartet noch ein echter Höhepunkt auf uns: Ei aus der Tüte. Wir haben uns zu Hause neben anderen Suppen und Reis auch zwei Portionen Rührei aus der Tüte von der Firma Berger für sechs Euro fünfzig gekauft. Auf der Tüte steht, man soll den Inhalt mit Wasser anrühren, zehn Minuten unter Rühren erhitzen und es entstände Rührei. Wetten haben wir nicht abgeschlossen, ein wenig ungläubig waren wir schon und auf jeden Fall gespannt. Zur Not haben wir auch noch was anderes zum Essen.

Wir setzen uns also vors Zelt in die Abendsonne und beginnen. Ein mehliges, gelbliches Pulver kommt aus der Tüte, Wasser dazu, Feuer drunter und Rühren. Es dauert nicht allzu lange, da beginnt der Brei zu "klumpen", nach fünf Minuten ähnelt das Ganze schon gerührtem Ei. Gut, es sieht so aus, aber wie schmeckt es? Wir haben zwar das letzte Ei vor mehr als drei Wochen gegessen, aber wir sind sicher, das hier schmeckt so ähnlich. Ich muss ehrlich sagen, ich hätte nicht geglaubt, dass es funktioniert. Die Ersatztüte mit der Alternativ-Mahlzeit kann geschlossen bleiben, wir essen beide brav auf und sind satt. Dann kochen wir uns einen Kaffee, eine Flasche Bier ist auch noch da. Langsam wird es dunkel. Dies ist unser letzter Abend in Norwegen, es ist herrlich warm, die Gaslampe faucht, wir haben viel erlebt und erinnern uns gegenseitig daran. Aber auch der gemütlichste Abend geht zu Ende, morgen wird es wieder anstrengend, kriechen wir also in den Schlafsack.

 

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